Wiener Zeitung: Unterberger muss gehen

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Als "Presse“-Chef forderte Unterberger die Auflösung der Wr. Zeitung - dann wurde er eingekauft. Jetzt ist seine Zeit abgelaufen.

Die Ablöse von Andreas Unterberger als Chefredakteur der Wiener Zeitung durch den SPÖ-Kanzler Werner Faymann sorgt für Irritationen beim Koalitionspartner ÖVP und für Empörung bei FPÖ und BZÖ.

Der neue Boss der Staatszeitung wird der bisherige Wirtschafts-Ressortleiter des "Kurier“ Reinhard Göweil. Unterberger, dessen Vertrag - mit einer Option auf Ausstieg im April 2010 - noch 5 Jahre gelaufen wäre, erfuhr aus den Medien von der geplanten Auflösung seines Dienstverhältnisses.

Zwar wurde im Kanzleramt betont, dass die Personalia vom Aufsichtsratschef, dem Herausgeber sowie dem Geschäftsführer der Wiener Zeitung aufbereitet worden sei. Laut Staatsdruckereigesetz erfolgt die Bestellung eines Chefredakteurs des Republik-Organs aber durch den Bundeskanzler selbst.

ÖVP und Opposition sind erbost

Auf ihn richten sich deshalb die Pfeile der politischen Gegner. "Ich bin erstaunt, wie leichtfertig der Kanzler bereit ist, auf einen profilierten und ausgezeichneten Qualitätsjournalisten wie Andreas Unterberger zu verzichten", sagte ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf. „Unterberger hat die Wiener Zeitung aus ihrem Dornröschenschlaf geholt und aus dem Blatt eine sehr gute Zeitung gemacht.“

"Fassungslos“ zeigte sich FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache. Unterberger sei „quasi weggeputscht“ worden. Empört gab man sich auch beim BZÖ. Unterbergers Ablöse sei "schäbig und einer Demokratie unwürdig" und sollte anderen unabhängigen Medien und Journalisten zu denken geben.

In der SPÖ war der konservative Unterberger schon länger umstritten. Der frühere Presse-Chefredakteur wurde noch unter ÖVP-Kanzler Schüssel engagiert. Bereits im Sommer 2007 hatte die damals wieder zur Kanzlerpartei avancierte SPÖ versucht, Unterberger abzulösen, machte aber wegen des medialen Aufschreis einen Rückzieher.

Vorerst vom Tisch dürften bei der Wiener Zeitung unterdessen frühere von SPÖ-Seite ventilierte Überlegungen sein, wonach das Staatsblatt in eine Wochenzeitung umgewandelt werden soll. Mit der Bestellung Göweils ist die Vorgabe verbunden, dass die Wiener Zeitung eine Tageszeitung bleibt.

Aufsichtsratsvorsitzender: Ablöse rein sachlich

Der Aufsichtsratsvorsitzende der Wiener Zeitung, Rudolf Bohmann, hat Kritik an der Ablöse von Unterberger zurückgewiesen. Der Vorgang habe "rein sachliche Gründe" und sei "politisch nicht motiviert", sagte.

Unterbergers Vertrag wäre nur dann automatisch um weitere 5 Jahre verlängert worden, wenn er nicht 6 Monate vor Ablauf des alten Vertrages (April 2010) aufgelöst worden wäre, so Bohmann. Nach Absprache der Geschäftsführung mit dem Aufsichtsrat und dem Herausgeber (das Bundeskanzleramt) sei von dieser vorzeitigen Auflösung nun Gebrauch gemacht worden.

Grund dafür sei, dass man die "300 Jahre alte Zeitung" nun neu aufstellen wolle, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende. "Dazu braucht es einen jüngeren Kollegen". Es müsse nun beispielsweise in elektronische Medien investiert werden.

Finanziell vom Amtsblatt abhängig

Ökonomisch ist das – nach wie vor personell aufgeblähte – Blatt allerdings nahezu vollständig von den Zwangsinsertionen des "Amtsblatts“ abhängig. Dieses versucht man auf EU-Ebene schon länger in digitaler Form zu etablieren.

Gegen diese "Verwaltungsreform“ – damit würden sich Österreichs größere Unternehmen knapp 20 Mio. Euro ersparen – haben Wiener Zeitung und Kanzleramt dieses Jahr aber ein intensives Lobbying betrieben: Gemeinsam mit den Franzosen gelang es, die verpflichtende Umstellung auf ein digitales Amtsblatt um einige Jahre hinauszuzögern.

Böse Zungen sagen: Österreich leistet sich weiterhin eine teure und über weite Strecken entbehrliche Druckmaschine und sträubt sich auch hier gegen jede noch so kleine Verwaltungsreform. Die sogenannte Qualitätszeitung erreicht jedenfalls unter der Woche schätzungsweise gerade einmal 15.000 Abonnenten. Zu offiziellen Zahlen lässt sich die Staatszeitung aber nicht herab.

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