Zeitungen werden deutlich teurer werden müssen
27.11.2009
Diesen Standpunkt vertraten "Standard"-Herausgeber Oscar Bronner und Hermann Petz, Vorsitzender der Moser Holding (u.a. "Tiroler Tageszeitung") bei der Eröffnungsdiskussion zum Thema Qualitätsjournalismus beim "Mediengipfel am Arlberg". Bronner zeigte sich überzeugt, dass der Medien-Markt in den nächsten Jahren zwischen Print und den digitalen Medien deutlich anders aufgeteilt sein wird als heute, es werde aber eine Koexistenz geben.
Bronner sprach im Hinblick auf die derzeitige Entwicklung von der "größten Umwälzung, die es im Medienwesen je gegeben hat". Klassische Medien müssten mit weniger Geld auskommen und dementsprechend sparen. Umgekehrt müssten sich die Verleger aber auch trauen, die Preise zu erhöhen.
So werde "Der Standard" über die Jahre irgendwann das Dreifache von heute kosten müssen. Unterstützung in dieser Ansicht erhielt er von Petz, der eine Entwicklung des Erlös-Modells der Zeitung - ein Drittel aus Vertrieb, zwei Drittel aus Anzeigen - hin zu einem "Fifty-Fifty"-Modell für möglich hielt.
Qualitätsmedien sind immer ein Minderheitenprogramm gewesen, das Geschäftsmodell der Qualitäts-Zeitungen hat aber funktioniert, sagte Bronner. Jetzt gelte es, die Umwälzung im Medienbereich und die Wirtschaftskrise zu bewältigen. Petz erklärte, dass Medien Qualität auf allen Ebenen machen müssten. "Es ist wichtig, dass unabhängiger Journalismus auch vor der Haustüre stattfindet", so der Vorstandsvorsitzende der Moser Holding. Jedes Medienhaus müsse die Kanäle Print und Online bedienen. Für eine regionale Tageszeitung sei ein Gratis-Modell nicht umsetzbar, ist der Medienmanager überzeugt.
Krise trifft Agenturen
Laut APA-Geschäftsführer Peter Kropsch schlägt die Krise der Medien auch voll auf die Agenturen durch. Vom Mediengeschäft allein könnten die Nachrichtenagenturen nicht mehr leben. "Man diversifiziert, um den Kernbereich - die Berichterstattung - möglichst groß halten zu können", führte Kropsch als Beispiel etwa "Expansionen in den Technologiebereich" an.
Andreas Pfeifer, Ressortleiter Außenpolitik im ORF-Fernsehen, sieht jedenfalls einen weiterhin großen Bedarf an Qualitätsjournalismus. Die Lage sei ernst, die "Gretchenfragen" der Branche betreffen auch den ORF. Die Aufgabe, Qualitätsjournalismus zu betreiben, kann jedoch nur mit viel Geld betrieben werden. Größtes Kapital für den ORF wird weiterhin die Glaubwürdigkeit sein, so Pfeifer.
ATV-Journalistin Erna Cuesta meint, die Identitätskrise der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sei eine Chance für die Privatsender. Sie persönlich habe die Perspektive, Qualitätsjournalismus zu betreiben, beim ORF für sich selbst nicht mehr gesehen.
Carl-Eduard Meyer (Geschäftsführer "news aktuell") aus Hamburg kritisierte die Medien als "zu langsam". "Man muss aufpassen, nicht überholt zu werden", verwies Meyer etwa auf Google. Der türkisch-stämmige Vorstand der "Neue Welt Verlag GesmbH", Birol Kilic, nahm Österreich als "Land der Lobbyisten und Netzwerker" wahr, in dem es "Kompromisse ohne Einschränkung" gebe.
In der Türkei sei es verboten, dass Eigentümer von Medien auch Banken betreiben. "Wenn die vierte Macht mit der ersten im Bett liegt, wie soll dann Kontrolle erfolgen?", sah es Kilic als demokratiepolitisch bedenklich an, dass "Medien von Mächten beeinflussbar sind, die kontrolliert gehören".