Gesetzeswidrig?
"Mogelpackung": Watsche für "neue" blaue Seite des ORF
04.01.2024Riesenwirbel um die blaue Seite. Laut ORF-Gesetz müsste sie seit 1. Jänner anders aussehen, kritisieren Medienexperten.
Zankapfel. ORF.at, die sogenannte blaue Seite, war großer Zankapfel in den Verhandlungen zum neuen ORF-Gesetz. Sie musste am 1. Jänner 2024 umgestaltet werden. Den Verlegern war die Nachrichtenseite - durch GIS-Gebühren finanziert - zu "zeitungsähnlich", die Textmeldungsanzahl wurde auf 350 pro Woche begrenzt.
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ORF-Trickserei. Reine Titel, die per Link sofort auf Unterseiten von ORF.at führen, sind von der Limitierung aber nicht erfasst, was den Verlegerverband VÖZ mit Blick auf das ORF-Gesetz von "einer Mogelpackung" sprechen lässt. Der ORF wies diesen Vorwurf zurück.
Streit um "Mogelpackung"
Mehrere Schlagzeilen auf ORF.at weisen am Ende der Zeile ein Icon auf. Bei einem Klick auf diese Zeilen wird man automatisch auf die diversen Bundesländer-Unterseiten wie wien.ORF.at, die "gelbe Seite" sport.ORF.at oder auch science.ORF.at, religion.ORF.at sowie topos.ORF.at geführt. Diese Unterseiten sind nicht neu.
In der Vergangenheit wurden die Portallinks aber von der news.ORF.at-Redaktion journalistisch aufbereitet und mit einem Kurztext versehen, bevor man auf die diversen Unterseiten weitergeleitet wurde. "Das ist nun nicht mehr der Fall. Daher wird im Sinne der Userfreundlichkeit nun durch ein Icon angezeigt, dass auf ein anderes Angebot gewechselt wird", teilte der ORF mit.
"Zeitungsähnlichkeit besteht nach wie vor"
Was sich auf diesen Unterseiten laut ORF-Gesetz finden darf, ist unterschiedlich. Auf sport.ORF.at gilt wie auf der Start- und Überblicksseite ORF.at seit neuestem eine Quote von 30 Prozent Text-zu 70 Prozent audiovisuellen Beiträgen. Eine Obergrenze gibt es auf der Sportseite im Gegensatz zu ORF.at nicht. Auch weitere Unterseiten wie science.ORF.at oder topos.ORF.at wurden nicht limitiert. Anders ist der Fall bei den neun Unterseiten der Bundesländer. Hier gilt bereits seit 2010 eine Beschränkung von 80 Meldungen pro Bundesland und Woche.
Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), meinte gegenüber der APA, dass die seit 2010 gesetzlich verwehrte "Zeitungsähnlichkeit" des Digitalangebots ORF.at nach wie vor bestehe.
Das ORF-Gesetz sei eine "Mogelpackung", weil es die Vermengung von Überblicksberichterstattung und anderen Onlineaufträgen des ORF auf der "blauen Seite" zulasse und mehr als 350 Textmeldungen pro Woche ermögliche, wie der VÖZ auch gegenüber der Tageszeitung "Die Presse" anmerkte. "Hier wird aber die KommAustria (Anm.: Medienbehörde) wohl noch damit befasst werden müssen, ob das Gesetz dies tatsächlich hergibt", sagte der VÖZ-Geschäftsführer. Der Verlegerverband wies laut Grünberger bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahren auf eine "mangelnde Effektivität der Bestimmungen" hin und tritt weiter für "wesentlich umfassendere Beschränkungen" ein.
Der VÖZ hat bereits vor mehreren Monaten wegen des neuen ORF-Gesetzes Beschwerde bei der Europäischen Wettbewerbsbehörde eingelegt. Der Verband sieht mit Blick auf die Gebührenfinanzierung eine anmeldepflichtige Änderung einer Beihilfe vorliegen, welche die EU-Kommission neu bewerten solle.