Schon wieder
Meinl-Bank blitzt vor Gericht ab
03.07.2011
Das OLG entschied, dass MEL-Anleger kein Mitverschulden trifft.
Die Meinl Bank ist in der Causa um die ehemalige Meinl European Land (MEL, jetzt Atrium) erneut vor Gericht abgeblitzt. Diesmal geht es um die Frage, ob einen Anleger, der mit MEL-Papieren Geld verloren hatte und deshalb die Bank verklagte, ein Mitverschulden trifft, weil er die Risikohinweise nicht gelesen hat. Die erste Instanz bejahte dies teilweise, das Berufungsgericht gab nun aber dem Kläger recht.
Grobe Sorgfaltswidrigkeit
Denn in der Verkaufsbroschüre der Bank, befand das Wiener Oberlandesgericht (OLG, 5 R 3/11i) ), sei "im Gegensatz zum Inhalt der Risikohinweise" damit geworben worden, "die Wertpapiere würden Sicherheit bieten (und zwar in Fettdruck)". Dass sich der Anleger beim Kauf der Papiere die Risikohinweise nicht durchgesehen hat, sei "als so gering im Verhältnis zur groben Sorgfaltswidrigkeit auf Beklagtenseite zu bewerten, dass es zu vernachlässigen ist", heißt es in dem Urteil.
Das Handelsgericht (HG) Wien, die erste Instanz, hatte dem Kläger noch ein Drittel Mitverschulden angelastet. Dies deshalb, weil er grundsätzlich um die Verlustmöglichkeiten bei Aktien wusste und einen nicht unbeträchtlichen Teil seines Vermögens bei der früheren Meinl-Firma anlegte, die Risikohinweise, die dem Konto- und Depoteröffnungsantrag angefügt waren, jedoch nicht gelesen hat. Aus diesen hätte sich ergeben, dass der Kauf von Wertpapieren mit einem Risiko behaftet ist.
Gegen das HG-Urteil gingen beide Parteien in Berufung: Die Meinl Bank blitzte beim OLG ab, der Kläger bekam puncto Mitverschulden Recht. Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Schadenersatzklage
Laut dem Anwalt des Anlegers, Michael Poduschka, handelt es sich bei dem Entscheid um das erste Urteil des HG Wien, mit dem einer vertraglichen Schadenersatzklage gegen die Meinl Bank stattgegeben wurde. Begründet wurde dies mit den im Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) festgelegten Aufklärungspflichten: Bei sogenannten Effektengeschäften gälten bei der Gestaltung von Verkaufsbroschüren erhöhte Anforderungen. Es sei "unzulässig, negative Informationen und Risken zu verharmlosen oder positive Informationen zu übertreiben." Genau das habe die Meinl Bank aber getan.
Ein Gros der Anleger, das mit den als sicher angepriesenen MEL-Papieren Verluste gemacht hatte, hat das Geldhaus wegen Irrtums geklagt; hier gibt es kein Mitverschulden. Der nunmehr siegreiche Pensionist hat allerdings auch Schadenersatz geltend gemacht. "Die Heranziehung der Rechtsgrundlage Schadenersatz wurde deshalb notwendig, weil der Irrtum bei einzelnen Käufen schon verjährt war", erläuterte Poduschka gegenüber der APA. Das Recht zur Irrtumsanfechtung verjährt drei Jahre nach Vertragsabschluss, beim Schadenersatz beginnt die Frist hingegen erst ab "Kenntnis von Schaden und Schädiger" zu laufen, im Falle Meinl wäre dies laut Poduschka "frühstens" Sommer 2007.
Die Meinl Bank hatte wiederholt betont, im Zusammenhang mit der MEL immer im Rahmen des Rechts agiert zu haben. Vorwürfe, Kleinanleger mit den MEL-Werbebroschüren in die Irre geführt zu haben, hat das Kreditinstitut in der Vergangenheit stets von sich gewiesen.