Die Schweizer Tourismusbranche schaut nach dem Abstimmungsergebnis gespannt ins Ausland. Je nachdem, wie die Reaktionen dort ausfallen, könnte das Minarett-Verbot sichtbare Auswirkungen auf den Schweizer Tourismus haben. Besorgt gibt sich der Schweizerische Reisebüro-Verband (SRV). "Ich hoffe, dass es nun an den muslimischen Reisedestinationen selber nicht zu allzu negativen Reaktionen kommen wird. Denn diese könnten die Schweizer vom Reisen in diese Länder abhalten", sagte Walter Kunz, Geschäftsführer des SRV, zur Nachrichtenagentur SDA. Dies sei aber "momentan noch sehr schwer abschätzbar".
Der Reiseveranstalter Kuoni zeigt sich dagegen unbesorgt und erwartet nicht, dass das Abstimmungsergebnis die Schweizer künftig vom Reisen in muslimische Länder abhält. "Die Konsumenten sehen das pragmatisch und trennen ganz klar zwischen hiesiger und dortiger Kultur", sagte Mediensprecher Peter Brun.
Offen ist, ob das Minarett-Verbot zu einem bleibenden Imageschaden für die Tourismusdestination Schweiz führt. Für die nationale Marketing- und Verkaufsorganisation Schweiz Tourismus ist es zu früh, um das beurteilen zu können. "Ein Image eines Landes verändert sich nur sehr träge", sagte Sprecherin Daniela Bär.
Politische Ereignisse hätten normalerweise wenig Einfluss auf das Reiseverhalten. "Aber man muss sicher beobachten, ob diese allgemeine Erfahrung auch im konkreten Fall vom vergangenen Sonntag ebenfalls zutrifft", sagte Bär weiter. "Sicher bringt man uns im Moment wenig Verständnis entgegen. Das Image einer wenig toleranten und eher verschlossenen Schweiz wird dadurch sicher verstärkt."
Gastfreundschaft stärken
Schweiz Tourismus versucht, den Schaden zu begrenzen. "Wir bemühen uns im Ausland zu betonen, dass das Verbot zwar Minarette betrifft, aber nicht die muslimischen Gebetsstätten", sagte Bär. Der Schweizer Tourismus sei nun aufgerufen, die Gastfreundschaft allen Kulturen und Glaubensrichtungen gegenüber "besonders stark" zu pflegen. "Da sind wir jetzt als Gesamtland, aber auch als Tourismusdestination gefordert."
Laut dem am 29.11. veröffentlichten Endergebnis des Referendums stimmten mehr als 57 % für die Initiative. Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) und die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) wollten mit der Volksabstimmung erreichen, dass ein Verbot zur Errichtung von Moscheen mit Gebetstürmen in der Schweizer Verfassung verankert wird. Bei der letzten Umfrage von Mitte November hatten sich lediglich 37 % der Befragten für die Initiative ausgesprochen.
Die politische Elite der Schweiz hat bei der Anti- Minarett-Initiative offensichtlich die Stimmung falsch eingeschätzt. Auch habe niemand die Führung der Gegen-Kampagne übernommen, erklärt der Politologe Werner Seitz den überraschenden Erfolg des Volksbegehrens für ein Minarettverbot. Die Elite habe im politischen Diskurs das - von ihr abgelehnte - Bauverbot für Minarette in den Vordergrund gestellt. Dabei ging es bei der Abstimmung auch um das Verhältnis zum Islam an sich, als diffuses Tabu-Thema. Die Elite habe das Unbehagen unter der Oberfläche wohl nicht gesehen.