Glücksspielkonzern

Novomatic klagt illegale Konkurrenten

28.11.2016

Novomatic darf in NÖ auch nach Konzessionsaufhebung eine Zeit lang weiterspielen.

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Der niederösterreichische Glücksspielkonzern Novomatic deckt seit längerem illegale Konkurrenten mit Klagen ein. Ein paar Mal hat sich das Unternehmen bereits vor Gericht durchgesetzt. In drei Urteilen, die der APA vorliegen, nehmen die Richter jeweils auf das aktuelle Verfassungsgerichtshofsurteil Bezug. Demnach ist das Glücksspielmonopol nicht verfassungswidrig.

Ein anderes Höchstgericht, der Oberste Gerichtshof (OGH), war anderer Meinung gewesen und beantragte beim VfGH die Aufhebung des Glücksspielgesetzes (GSpG). Damit blitzte der OGH aber letztendlich ab. Mitte Oktober wies der Verfassungsgerichtshof mehrere Beschwerden ab, die sich allesamt gegen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes richteten. Nach Ansicht des VfGH ist das heimische Glücksspielmonopol mit seinen Konzessionen weder EU-rechtswidrig noch diskriminiert es Inländer.

Das Glücksspielgesetz ist seit Jahren ein juristischer Zankapfel und politisch eine heiße Kartoffel. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) war schon mehrmals mit dem österreichischen GSpG gefasst und hat dem heimischen Gesetzgeber Rüffel erteilt.

Monopolgegner monieren zusammengefasst, dass der teilstaatliche Casinos-Austria-Konzern, der seit jeher die Lizenzen für Casinos und Lotterien innehat, über Maß bevorzugt werde. Das Gesetz verstoße gegen EU-Recht. So argumentierten auch drei kleine Lokalbetreiber aus Ober- und Niederösterreich, die von Novomatic verklagt wurden. Sie alle betrieben ein paar wenige "Kajot"-Automaten.

Die Novomatic-Tochter Admiral verfügt sowohl in seinem Heimatbundesland Niederösterreich als auch in Oberösterreich über die Lizenzen zum Betrieb von Automatenhallen. Wobei die Konzession in Niederösterreich zwischenzeitlich aufgehoben wurde.

Die "Kajot"-Automaten in Gasthäusern seien illegal, weil es dafür keine Bewilligungen gebe, meint Novomatic. Die kleinen Konkurrenten verstießen also gegen das Unlauterer-Wettbewerbs-Gesetz (UWG).

Mit dieser Rechtsansicht setzte sich der Konzern aus Gumpoldskirchen kürzlich erneut dreimal durch - zweimal beim Oberlandesgericht (OLG) Linz und einmal beim Landesgericht St. Pölten. Die Urteile, die der APA vorliegen, sind nicht rechtskräftig. Das OLG hat jedoch nur eine außerordentliche Revision zugelassen, es sind also keine wesentliche Rechtsfragen offen, die zu klären sind.

In allen Fällen sind die Beklagten mit ihrer Argumentation nicht durchgekommen. Ihrer Ansicht nach dient das staatliche Monopol weder der Kriminalitätsbekämpfung noch der Spielsuchtprävention. Der Spielerschutz sei momentan nicht existent. Auch in Spielstätten von Novomatic in Nieder- und Oberösterreich könnten Minderjährige spielen und sogenannte Spielerkarten weitergegeben werden. Und: Die Werbung des Casinos-Austria-Konzerns verharmlose das Glücksspiel und sei "exzessiv gegenüber demjenigen, was erforderlich sei, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken."

Die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen nach Meinung der Beklagten gegen den freien Dienstleistungsverkehr der EU. Es gehe dem Staat nur darum, Steuereinnahmen zu maximieren, nicht um den Schutz vorm exzessiven Zocken. Das GSpG gelte daher nicht, weil Unionsrecht nationales Recht steche. Die Betreiber brachten weiters vor, dass die "Kajot"-Maschinen Eingabeterminals einer Firma seien, die in Tschechien erlaubtermaßen Glücksspiel betreibe. Daher liege eine Diskriminierung vor.

Das OLG Linz sah das, wie auch schon die Erstgerichte, in zwei Fällen anders (3 R 59/16s und 3 R 60/16p) und schmetterte Berufungen der "Kajot"-Betreiber ab. Das Besondere an den Urteilen: Das Berufungsgericht bezog sich auf das erst im Oktober ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs: Dass es in Österreich nur wenige Automatenkonzessionen - die meisten davon hat Novomatic inne - gibt, sei nicht unionsrechtswidrig. Eine Inländerdiskriminierung liegt laut VfGH nicht vor.

In den zwei oberösterreichischen Fällen konnten die Gerichte keine Verbindung mit Tschechien feststellen. Es handle sich um Binnenfälle, und in solchen könne sich der Beklagte nicht unmittelbar auf die EU-Grundfreiheiten berufen. Die Bestimmungen des österreichischen Glücksspielgesetzes seien anzuwenden, die beklagten Parteien hätten gegen das UWG verstoßen.

Auch das Landesgericht St. Pölten (24 Cg 82/14 b) gab Novomatic in einem UWG-Verfahren gegen einen niederösterreichischen Lokalbetreiber recht und sieht keine EU-rechtlichen Probleme mit dem GSpG.

Dass der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) im Mai die Automatenkonzession von Novomatic gekippt hat, tut dem Landesgericht St. Pölten zufolge übrigens nichts zur Sache. Das niederösterreichische Spielautomatengesetz sehe nämlich vor, dass der Bewilligungsinhaber "bei nachträglichem Wegfall der Bewilligung" 18 Monate weiterspielen darf.

Jener Passus hat in Niederösterreich für viel Kritik gesorgt, vor allem bei Konkurrenten von Novomatic. Aus dem vor wenigen Tagen ergangenen LG-Urteil geht hervor, dass das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung zweieinhalb Wochen nach dem VwGH-Spruch alle Bezirkshauptmannschaften und Magistrate in einem Schreiben informiert habe, dass Novomatic die bewilligten Geräte weiterbetreiben darf.

Später, am 26. September 2016, erging dazu sogar ein Bescheid aus St. Pölten - an Novomatic und das Finanzministerium. Demnach hat die Novomatic-Tochter Admiral Casinos & Entertainment AG "auch nach Behebung des Bescheides vom 08.03.2012 durch das Erkenntnis des VwGH vom 11.05.2016 den Betrieb von 1.339 Glücksspielautomaten in Form von Landesausspielungen (ab dem 09.03.2012) weiter bescheidmäßig und ohne Unterbrechung auszuüben ... und (war und ist) berechtigt und verpflichtet, die bewilligten Automatensalons und Glücksspielautomaten in Niederösterreich zu betreiben." Und weiter: "Ein Rechtsmittel der Klägerin oder des Bundesministeriums für Finanzen gegen diesen Bescheid ... ist nicht dokumentiert."

Der APA liegt zu der Thematik außerdem ein Schreiben des für Glücksspiel zuständigen Finanzministeriums vom 3. November 2011 vor. Es richtet sich an die Finanzpolizei sowie an die Kontrollbehörden in den Bundesländern. Das BMF verweist auf das Erkenntnis vom VfGH, der die Rechtsansicht des Ministeriums zur Unionsrechtskonformität und Verfassungsmäßigkeit des Glücksspielgesetzes "auf ganzer Linie bestätigt" habe. Aus diesem Grund, so das Ministerium, können Finanzpolizei und Co. weiter gegen Illegale vorgehen, also Razzien durchführen und gegebenenfalls Geräte beschlagnahmen. Das Vorgehen der Finanzpolizei bei den Kontrollen von Automatensalons hat den Behörden in der Vergangenheit viel Kritik eingetragen, betroffene Betreiber klagten über das rüde Vorgehen der Beamten und haben in der Folge zahlreiche Klagen unter anderem wegen Amtsmissbrauchs eingebracht. Sie zweifelten generell an der Legitimität der Kontrollen. Das BMF sieht das freilich anders. "In Verdachtslagen und Verfahren nach dem GSpG ist wie bisher vorzugehen", heißt es in dem Schreiben.

Novomatic hat laut Eigenangaben rund 300 Klagen gegen illegale Konkurrenten eingebracht. Davon hat der Konzern mehr als die Hälfte rechtskräftig gewonnen bzw. hat eine Unterlassungserklärung erwirkt. Sobald Novomatic rechtskräftige Urteile oder Unterlassungserklärungen vorliegen, "kontrolliert" er, ob die Illegalen tatsächlich mit dem Zocken aufgehört haben. Bei Verstößen drohen den Betreibern Strafen, die in den sechsstelligen Bereich gehen können. Die Bußgelder fließen in die Staatskasse.

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