Laut Wifo und IHS

Austro-Wirtschaft kühlt sich ab

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Schwächere Weltwirtschaft und mehr internationale Risken dämpfen Exporte.

Österreichs Wirtschaft kühlt sich heuer und 2020 durch die mäßige globale Dynamik etwas ab und wächst schwächer. Die geringeren Exporte bremsen die Industrie und damit das BIP insgesamt. Fürs laufende Jahr haben die Wirtschaftsforscher ihre Wachstumsprognosen nicht gesenkt, das Wifo nur für 2020. Beide Institutschefs warnten vor Ho-Ruck-Beschlüssen im Parlament.

"Mit der Wirtschaft geht es so, wie wir uns das beim Wetter eigentlich wünschen würden - nämlich Abkühlung", umriss der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Christoph Badelt (Bild), an dem extrem heißen Tag die konjunkturelle Lage. "Die Phase der Hochkonjunktur ist jetzt erstmals vorbei", meinte der für die Prognoseerstellung zuständige Wifo-Experte Christian Glocker. Badelts Resüme: "Keine Panik, keine Rezession - aber Abkühlung."

Das Wifo rechnet für heuer nur mit 1,7 Prozent Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP), nachdem es 2018 real noch 2,7 Prozent zugelegt hatte. Das Institut für Höhere Studien (IHS) sieht wie schon im März eine Abschwächung des BIP-Anstiegs auf 1,5 Prozent und erwartet für 2020 weiter 1,6 Prozent Plus. Das Wifo senkte nun seine Erwartung für 2020 von 1,8 auf 1,5 Prozent, wegen der geringeren Anstiege bei Investitionen und Außenhandel.

Binnennachfrage wächst

Anders als die Exporte, die sich durch die international schwächere Konjunktur gedämpfter entwickeln - was vor allem die Industrie belastet -, wächst der Konsum der Privathaushalte bzw. die Binnennachfrage laut Wifo und IHS "robust". Begünstigt wird das von einem anhaltenden Beschäftigungs- und Lohnwachstum. "Das Konsumentenvertrauen ist weiterhin relativ hoch", betonte IHS-Chef Martin Kocher vor Journalisten..

Mit der Konjunkturabkühlung flaut die Beschäftigungsdynamik ab, "der Abbau der Arbeitslosigkeit gerät ins Stocken", so das Wifo: Die Beschäftigung dürfte zwar 2019/20 weiter steigen - aber nicht genug, um eine höhere Arbeitslosigkeit zu verhindern. 2018 wurden fast 100.000 Stellen neu geschaffen, heuer wohl nur rund 50.000.

Die Risiken der Prognose sieht das Wifo "verstärkt abwärtsgerichtet", Folge des internationalen Umfelds. Und, so der Wifo-Experte Glocker: "Die Abwärtsrisiken haben im Vergleich zu März deutlich zugenommen", da die geopolitischen Risken nun bedeutender seien. Auch die Italien-Unsicherheit bremse ebenfalls. Dafür seien die Inlandsrisiken in Summe aufwärtsgerichtet, da Beschäftigung und Einkommen den Privatkonsum weiter stützen.

So könnte der Privatkonsum stärker sein als prognostiziert und die Steuerreform 2020 stärkere positive Effekte bringen als erwartet, so Glocker. In der Gesamteinschätzung würden aber die Abwärtsrisiken der Außenwirtschaft dominieren. Das IHS sieht Risiken primär durch eine mögliche weitere Eskalation internationaler Handelskonflikte und einen ungeregelten Brexit. IHS-Chef Kocher verwies ebenfalls auf den Budgetstreit zwischen EU-Kommission und Italien, aber auch die Konjunkturkrise der deutschen Autoindustrie, die viele Zulieferprodukte aus Österreich bezieht.

Der ungewöhnlich lange Investitionszyklus dürfte mit der Eintrübung der internationalen Konjunktur langsam auslaufen, so das IHS. Darauf würden auch die schwächeren Stimmungsindikatoren hindeuten. Jedoch würden die hohe Kapazitätsauslastung und die günstigen Finanzierungskonditionen die Investitionstätigkeit stützen.

Nach der Schwäche im zweiten Halbjahr 2018 habe die Konjunktur Anfang 2019 wieder etwas an Fahrt gewonnen, meinte Kocher. Das erste Quartal sei mit 0,4 Prozent BIP-Wachstum "gut" gewesen, im zweiten Quartal werde sich das Plus im Quartalsabstand wohl etwas eingebremst haben. "Wir haben also ein Stop & Go, also ein Auf und Ab."

Auswirkungen des gebremsten Wachstums

Wegen des aus Sicht des IHS heuer und 2020 nur um 1,5 bzw. 2,5 Prozent wachsenden Welthandels dürften auch Österreichs Exportmärkte nur schwach expandieren. Deshalb könnten sich die Warenexporte 2019 und 2020 auf 2,1 bzw. 3,1 Prozent abschwächen (laut Wifo auf 2,5 bzw. 2,9 Prozent), nach noch je 5 Prozent Plus in den beiden Vorjahren. Die Exporte laut VGR dürften daher nur noch 2,0 bzw. 2,9 Prozent wachsen, glaubt das IHS (das Wifo sieht 2,4 und 2,7 Prozent), nach 4,4 Prozent Plus im vorigen Jahr. Nach dem kräftigen positiven Wachstumsbeitrag der Außenwirtschaft 2018 dürfte diese 2019/20 nur "neutral" fürs Wachstum sein, so das IHS.

Das Arbeitskräfteangebot in Österreich dürfte 2019 und 2020 trotz Konjunkturabschwächung weiter zunehmen, nimmt das Wifo an - vor allem durch eine höhere Erwerbsquote älterer Menschen durch vergangene Pensionsreformen und eine kontinuierliche Zunahme der Erwerbsbeteiligung von Frauen. Die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten soll laut Wifo heuer um 1,6 Prozent steigen, 2020 um 1,0 Prozent. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Berechnung sieht das Wifo heuer von 7,7 auf 7,4 Prozent sinken, dann aber leicht auf 7,5 Prozent steigen; das IHS geht 2019/20 von stabil 7,4 Prozent aus.

Der Preisauftrieb dürfte gedämpft bleiben, laut Wifo heuer 1,6 Prozent, 2020 1,7 Prozent, nach 2,0 Prozent im Vorjahr. Das IHS geht von den gleichen Teuerungsraten aus: Da der Energiepreis-Basiseffekt auslaufe, sollte sich der Preisauftrieb in den kommenden Monaten noch geringfügig verlangsamen, heißt es zur Erläuterung. Die EZB werde ihren expansiven geldpolitischen Kurs fortsetzen, zeigten sich Badelt und Kocher überzeugt. Große Effekte würden die Eurohüter aber wohl mit ihrem "more of the same" nicht erreichen, meinte der IHS-Chef.

Zu den öffentlichen Haushalten mahnten beide Institute Strukturreformen ein. Zwar begrüßt das Wifo, dass auch der strukturelle Budgetsaldo positiv ausfallen dürfte, "allerdings wären weitere Reformmaßnahmen zur Dämpfung der Ausgabendynamik notwendig, um den Spielraum für öffentliche Zukunftsinvestitionen zu erhöhen". Fürs IHS sollte die Haushaltslage für Strukturreformen bei Bildung, Gesundheit, Pensionen, Föderalismus genutzt werden.

Warnung vor Ho-Ruck-Beschlüssen

Badelt und Kocher übten Kritik an überhasteten Parlamentsbeschlüssen und einer Schlagwort-Politik ohne Klärung der Kostendeckung. Als Paradebeispiel nannten beide das Pflege-Thema - den Pflegegeld-Valorisierungsbeschluss, aber auch nicht zu Ende gedachte Konzepte. Die Pflege sei "ein ideales Beispiel, wie es nicht laufen soll", übte Badelt ausdrücklich "Kritik an allen Gruppen". Man höre "nur Schlagworte", "aber wie die Pflege finanziert werden soll, sagt man nicht". "Bitte hört's auf mit dieser Art von Diskussion", wünschte sich der Wifo-Chef. Zugleich mahnte er eine Steuer-Ökologisierung an - die sei ihm als einziges an den Vorschlägen der Vorgänger-Regierung abgegangen sei. Und Kocher nannte als Beispiele eine Verteuerung von ressourcenverbrauchendem Verhalten und den Abbau von Subventionen, die umweltschädlich sind - Dieselprivileg, Kerosinsteuerfreiheit, CO2-Steuer oder Pendlerpauschale.

Das Wifo erwartet für 2019 und 2020 je 0,6 Prozent des BIP an Maastricht-Überschuss, das IHS 0,3 sowie 0,5 Prozent. Keine Berücksichtigung finden dabei die ursprünglich geplante Senkung der gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge für Geringverdiener sowie die ursprünglich geplante Steuertarifreform, betont das Wifo - ebenso nicht die Fiskaleffekte aus der Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger.

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