Es ist eine Hiobsbotschaft nicht nur für Tausende Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof, sondern auch für viele deutsche Innenstädte.
Der letzte große deutsche Warenhauskonzern wird 62 seiner 172 Filialen schließen, wie die dpa aus Verhandlungskreisen erfuhr. Welche Filialen der zum Immobilienkonzern des Tiroler Investors Rene Benko gehörenden Kaufhauskette betroffen sind, blieb zunächst offen.
Die Zahl der Filialschließungen fällt damit zumindest etwas geringer aus als zunächst befürchtet. Ursprünglich hatte die Geschäftsführung sogar signalisiert, dass im Zuge der Sanierung des ums Überleben kämpfenden Unternehmens bis zu 80 Filialen geschlossen werden könnten. Doch konnte durch Zugeständnisse von Vermietern und Beschäftigten offenbar noch Schlimmeres verhütet werden.
Doch das ist wohl nur ein kleiner Trost. Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" dürften rund 6.000 der 28.000 Mitarbeiter ihren Job verlieren. Auch in vielen der von den Schließungen betroffenen Kommunen dürfte Alarmstimmung herrschen. Norbert Portz vom Deutschen Städte- und Gemeindebund warnte schon bei Bekanntwerden der ersten Schließungspläne im Mai vor der Gefahr einer Verödung vieler Innenstädte. "Galeria Kaufhof Karstadt ist nicht irgendwer. Die Warenhäuser sind für viele Innenstädte systemrelevant", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Gerade für viele strukturschwächere Innenstädte sei ein Verlust der Warenhäuser nach seiner Einschätzung kaum auszugleichen.
Die Gewerkschaft Verdi warnte damals, eine Schließungswelle bei Galeria Karstadt Kaufhof werde Auswirkungen weit über das Unternehmen hinaus haben. Mittelfristig seien dadurch auch Zehntausende von Arbeitsplätzen bei anderen Einzelhändlern und die Attraktivität ganzer Innenstädte bedroht.
Doch ist der Sanierungsdruck bei Galeria Karstadt Kaufhof gewaltig. Der Handelsriese war durch die pandemiebedingte Schließung aller Filialen in eine schwere Krise geraten und hatte Anfang April Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. "Wir gehen von einer Milliarde Umsatzverlust in diesem Jahr aus und rechnen auch nicht damit, dass die Kunden im kommenden Jahr wieder so einkaufen werden wie vor Corona. Das heißt, bis Ende 2022 könnten die Umsatzeinbußen sogar auf rund 1,4 Milliarden Euro steigen", beschrieb der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz im Mai die Probleme des Konzerns.
Dabei standen die Rettungsbemühungen unter großem Zeitdruck. Bis Ende des Monats muss die Konzernführung einen Sanierungsplan vorlegen. In den vergangenen Wochen rangen die Gewerkschaft Verdi, der Betriebsrat und die Geschäftsführung dennoch erbittert darum, welche Opfer die Beschäftigten noch bringen müssen und auf welche Einschnitte der Konzern verzichten kann.
Am Mittwochabend meldete Verdi dann erste Fortschritte: Der geplante Personalabbau von zehn Prozent in den bestehenden Filialen sowie die Ausgliederung des Waren Service Teams (WST) seien "unter dem Vorbehalt einer Gesamtlösung vom Tisch", hieß es. Doch das Ringen um einen Sozialtarifvertrag, einen Interessensausleich für die von Kündigung betroffenen Mitarbeiter und ein Zukunftskonzept für den Konzern ging weiter. Offenbar mit Erfolg. Eine entsprechende Vereinbarung mit Betriebsrat und Gewerkschaften sollte noch am Donnerstagabend unterschrieben werden.
Details allerdings sollten erst am Freitag bekanntgegeben werden. Und spätestens dann werden sich wohl Tausende Mitarbeiter und viele Kommunen auf ein Leben ohne Galeria Karstadt Kaufhof einstellen müssen.