Andreas Matthä sieht Rückenwind durch Green Deal der EU-Kommission.
ÖBB-Chef Andreas Matthä (Bild) hat die zusätzliche Aufgabe des Präsidenten der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER) übernommen. Im Lichte des grünen Pakts der EU-Kommission erhofft er sich einen Schub etwa für mehr Kostenwahrheit zwischen den Verkehrsträgern Bahn und Lkw. "Ohne Eisenbahn sind die Pariser Klimaziele für Europa in weiter Ferne", sagte Matthä.
"Es braucht mehr Bahn für Europa", sagte der Chef der Bundesbahnen am Mittwoch vor Journalisten in Brüssel als neuer Sprecher der CER. "Die Bahn spielt eine entscheidende Rolle, um Verkehr klimafreundlicher zu gestalten", so Matthä nach einem ersten Treffen mit dem für die Klimapolitik zuständigen Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. "Wir bringen der EU-Kommission Vorschläge wie man die Bedeutung der Bahn steigern kann."
Diese Vorschläge sollen in den kommenden sechs Monaten gebracht werden, damit sie im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU - der in den kommenden Tagen wieder auf Ebene der Staats und Regierungschefs in Brüssel verhandelt wird - Platz finden. "Die europäischen Institutionen sehen: Ohne Bahnen wird es nicht gehen. Wir wollen an einem Tisch sitzen und mitdiskutieren."
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Faire Wettbewerbsbedingungen
Ein besonders wichtiger Punkt ist die Sicherstellung von fairen Wettbewerbsbedingungen auf europäischer Ebene - zwischen Bahn- und Lkw-Transit. "Es braucht Kostenwahrheit", forderte Matthä. "Der Straßengüterverkehr ist viel zu billig." Beim Lkw-Transit würden die Steuerzahler schlussendlich ein Drittel der Kosten tragen. Die Arbeitsbedingungen für viele Trucker seien inakzeptabel. Matthä rechnete vor, dass Zugfahren 15 mal umweltfreundlicher sei als Auto zu fahren, 21 mal umweltfreundlicher als Lkw fahren und 31 mal umweltfreundlicher als zu fliegen.
Weiterer wichtiger Punkt seien weitere Vereinheitlichungen im Bahnverkehr zwischen den einzelnen europäischen Ländern, sagte der ÖBB-Chef. Das sei eine Hausaufgabe für die einzelnen Bahnen, um sich selbst wettbewerbsfähiger zu machen. "Am Schluss muss ein Zug so einfach durch Europa zu fahren, wie es jetzt mit einem Lkw möglich ist."
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Österreich in der EU Bahnland Nummer 1
Entgegen komme ihm, Matthä, in seiner neuen Aufgabe als Präsident der Community of European Railway and Infrastructure Companies (CER) - die er vorerst für zwei Jahre ausübt -, dass die Performance der ÖBB "glaubwürdig macht". Etwa liege der Bahntransit-Anteil in Österreich schon bei 30 Prozent, während dieses Ziel EU-weit bis 2030 erreicht werden soll. Dort liegt er derzeit bei nur rund 18 Prozent.
In der EU gilt Österreich als "Bahnland Nummer 1". Europaweit ist das die Schweiz.
Gratulationen an Matthä kamen von Gerhard Tauchner, für die Gewerkschaft vida Mitglied des Sektoralen Sozialen Dialogs Eisenbahn in der Europäische Transportarbeiterföderation (ETF). Der Gewerkschafter hatte aber auch gleich eine Forderung an Matthä: "Vom erfolgreichen ÖBB-Manager Matthä erwarte ich mir, dass durch ihn auch neue Impulse in die derzeit stockenden europäischen Sozialpartnerverhandlungen über verbindliche Regelungen für Gleichstellung und mehr Frauenbeschäftigung bei Europas Bahnen kommt." Seitens der ETF-Gewerkschaften sei man willens, an gemeinsamen Lösungen weiterzuarbeiten. Die Vertretung der europäischen Bahnen dürfe die Verhandlungen jetzt nicht scheitern lassen und müsse die Bahnen ermutigen, in dieser Angelegenheit wieder an einem Strang zu ziehen, sagt der vida-ETF-Gewerkschafter.
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