Ex-Manager über die irre Welt von Braun & Marsalek
Wirecard-Insider packt aus: ''Moderne Version der Mafia''
06.02.2021Jörn Leogrande hat 15 Jahre im Zentrum von Wirecard gearbeitet, zusammen mit Markus Braun und Jan Marsalek. Jetzt hat er ein Buch geschrieben.
Mit Bad Company liefert Jörn Leogrande eine packende Innenansicht der deutschen Skandalfirma Wirecard. Das einstige DAX-Unternehmen steht für den größten Börsen-Kriminalfall des Jahrzehnts, es geht um Luftbilanzen, verschwundene Milliarden, gigantische Betrugsvorwürfe. Im Mittelpunkt stehen Ex-Chef Markus Braun und Manager Jan Marsalek, beide Österreicher. Braun sitzt in Deutschland in U-Haft, Marsalek ist abgetaucht, wird in Russland vermutet.
„Autist“
Leogrande, Jahrgang 1963, hat Aufstieg und Fall von Wirecard hautnah miterlebt. Von 2005 bis August 2020 war er bei Wirecard, vom mutmaßlichen Betrug rund um den Konzern habe er bis zur Insolvenz nichts gewusst, sagt er im Spiegel-Interview. Leogrande berichtete jahrelang direkt an Braun, arbeitete eng mit Marsalek zusammen. Braun beschreibt er als „gepflegten Autisten“, der nur über die Arbeit geredet habe: „Markus ist morgens von der Tiefgarage in sein Büro gegangen und abends wieder zurück“, so Leogrande zum Spiegel. Ein echter Langweiler, wenn man die Schilderungen liest. Aber besessen davon, Wirecard in eine Liga mit Amazon und Facebook zu katapultieren.
"Champagner in Bier- krügen ausgeschenkt"
Marsalek sei unterhaltsamer gewesen: „Er war offen, weltmännisch, sprach sehr gutes Englisch, hatte tolle Manieren.“ Ein Meister im luxuriösen Feiern: Am Oktoberfest „wurde der Champagner in Bierkrügen ausgeschenkt“. Einen „Knall“ habe Marsalek sicher, sagt Leogrande: „Trotzdem war Jan der intelligenteste Typ, den ich je kennengelernt habe.“ Lauter „irre Ideen“ hätten Braun und Marsalek gehabt, etwa eine Kreditkarte für Facebook zu entwickeln, die sie Zuckerberg persönlich vorstellen wollten – aus den meisten Dingen sei nichts geworden.
Marsaleks Truppe habe 24 Stunden gearbeitet und hart gefeiert, meist in Singapur. Braun sei da nicht dabei gewesen. Für Leogrande habe die Szenerie gelegentlich gewirkt „wie eine moderne Version der Mafia“.
Marsalek in Russland? - "Das passt nicht zu ihm"
Was er Braun gern jetzt fragen würde, will der Spiegel von Leogrande wissen. Antwort: „Was er von alldem gewusst hat“, also von den Malversationen. Entweder Braun sei der „dümmste CEO aller Zeiten“ – oder er steckte „knietief mit drin“. Wo Marsalek sei, wisse er nicht. In Russland vermutete er „eher nicht“: „Das passt nicht zu ihm.“