In der Debatte um die Rezeptfreimachung der "Pille danach" herrscht Unklarheit über die Linie der ärztlichen Standesvertretung. Die Ärztekammer (ÖÄK) spricht sich für die Beibehaltung einer "strengen Rezeptpflicht" aus, was im Gesundheitsministerium für Erstaunen sorgte. Präsident Walter Dorner habe die Maßnahme nämlich begrüßt.
Für den Bundessprecher der Fachgruppe Gynäkologie und Geburtshilfe, Gerhard Hochmaier, ist die Rezeptpflicht aus medizinischen Gründen dringend geboten. Bei der "Pille danach" handelt es sich um ein hochpotentes Medikament, welches naturgemäß "massiv in den weiblichen Hormonhaushalt" eingreift, so der Frauenarzt. Vor Gabe des Arzneimittels empfiehlt sich daher eine genaue Erhebung der Krankengeschichte. Die Ärztekammer beteuert: Dies sei lediglich die Position der 1.500 Gynäkologen in der Kammer.
Im Gesundheitsministerium ist man verwundert. "Ärztekammer-Präsident Walter Dorner hat im Obersten Sanitätsrat die Maßnahme begrüßt", begegnet ein Ministeriums-Sprecher der Kritik: "Seine Aussage ist für uns das Entscheidende." Da es sich um ein Medikament für Notsituation handelt, sei eine rezeptfreie Abgabe für den Abbau zeitlicher Hürden wichtig. Trotz Rezeptfreiheit gebe es die Beratung in den Apotheken. Zudem hätten knapp 80 % der Österreicher in einer Umfrage Anfang November diese Maßnahme begrüßt.
Für die FPÖ erneuerte Ärztesprecher Andreas Karlsböck die Kritik an der angestrebten Rezeptfreiheit. Sie sei der falsche Weg, denn die Verantwortung des Einzelnen mit seiner Sexualität werde auf den Apotheker abgeschoben. Dafür ist dagegen der Gesundheitssprecher der Grünen, Kurt Grünewald: "Bei einem Notfallsverhütungsmittel macht es Sinn, wenn es nach Verhütungspannen in der Hausapotheke griffbereit liegt. Schließlich ist der Zeitfaktor bei der Wirksamkeit dieser Pille entscheidend."