Kundgebung auch in Schwechat

Piloten-Protest gegen längere Arbeitszeiten

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Europaweit koordinierte Demos gegen neue Arbeitszeiten für Bordpersonal.

An zwölf Flughäfen in Europa – darunter in Wien-Schwechat – wird am Dienstag protestiert. Es geht um die Arbeitszeiten der Verkehrspiloten. Im Auftrag der EU-Kommission hat die EU-Flugsicherheitsbehörde EASA vorgeschlagen, die höchstzulässigen Arbeitszeiten für Piloten und fürs Kabinenpersonal zu vereinheitlichen – im Wesentlichen zu verlängern. Die Pilotenverbände laufen dagegen Sturm. In Wien-Schwechat ist für morgen Vormittag zwischen 9 und 11 Uhr eine Protest-Demonstration angemeldet. Der Flugkapitän und Sprecher des Verbands Österreichischer Verkehrspiloten ACA (Austrian Cockpit Association), Christoph Mair, erwartet dazu 500 Teilnehmer.

Ausfälle von Flügen oder sonstige Störungen im Flugbetrieb in Schwechat sind nicht das Ziel, wurde im Vorfeld betont. Gewarnt wird an dem europaweiten Aktionstag vor gefährlicher Ermüdung im Cockpit, Fliegen müsse sicher bleiben. „Wir wollen die Passagiere an den Flughäfen wachrütteln“, sagte Mair. Die von der EU angestrebten Regeln ließen künftig gefährliche Dienstpläne zu „Wir müssen uns wehren. Wir wollen nicht weniger arbeiten. Wir wollen nur eine andere Arbeitseinteilung.“

"Kniefall vor den Airlines"
Austrian/Tyrolean-Bordbetriebsrat Karl Minhard sprach von einem „Kniefall vor den Airlines“. „Jeder Passagier hat das Recht, dass er einen ausgeschlafenen Piloten vorne hat“. Die USA, so berichtete ACA-Sprecher Mair, hätten erst vor drei Jahren die Maximalflugdienstzeiten in der Nacht auf 9 Stunden reduziert, als eine Linienmaschine mit übermüdeter Crew beim Anflug auf Buffalo abstürzte. „Die haben Tote gebraucht, um ihr Gesetz zu ändern.“ Nun gehe Europa gerade in die andere Richtung. "Muss es erst Tote geben?"

Die Pilotenverbände in Europa warnen unter Berufung auf Expertengutachten, dass heute schon bei einem Fünftel der Unfälle in der Luftfahrt Ermüdung der Piloten eine Rolle spiele. Schwedische interne Umfragen ergaben sogar, dass jeder zweite Pilot schon einmal im Cockpit eingeschlafen sein soll.

Hintergrund der aktuellen Aufregung beim Bordpersonal: Geht ein ursprünglich für Ende Jänner, nun für März zur Behandlung im EU-Parlament anstehender Plan durch, werden die Arbeitszeiten der Bord-Mitarbeiter europaweit einheitlich geregelt. Mit zweijähriger Übergangsfrist sind die Vorgaben bis 2015 national umzusetzen. Bleibt es bei den EASA-Vorschlägen, kann laut ACA die maximale Flugdienstzeit in der Nacht 11 bis 12 Stunden betragen. „Mediziner sagen, alles über 10 Stunden ist ein Wahnsinn in der Nacht“, so ACA-Pilot Mair. China etwa, wo Mair selbst heute fliegt, sieht 8 Stunden vor.

Durch Kombination von Bereitschafts/Stand-by- und reinen Flugzeiten soll es den Europa-Plänen zufolge außerdem möglich sein, dass ein Pilot 22 Stunden am Stück wach ist. Der alte (aufgekündigte) Austrian-Kollektivvertrag sah hier nach APA-Informationen bloß 16 Stunden vor. Die neuen Richtlinien im AUA-Konzern lassen einiges mehr zu. Diese neuen Reglements nach dem AUA-Betriebsübergang werden von AUA-Pilotenanwälten aber gerade bekämpft.

Wer in der 22. Stunde landen müsse, dürfe kein Pech haben: etwa vereiste Landebahn, technisches Gebrechen oder zuviel Verkehr, meint Mair. Die deutsche Pilotenvereinigung Cockpit schrieb, dass Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Denkfähigkeit nach einer durchwachten Nacht mit 0,8 Promille Blutalkohol vergleichbar sei. Viele Piloten verzichteten nach langem Dienst längst darauf, mit dem eigenen Pkw heimzufahren und schliefen im Crewgebäude am Flughafen. Die Pilotenvereinigungen beklagen, dass die europäische Flugsicherheitsbehörde derzeit alle Erkenntnisse über Ermüdung, Schlafzyklen und Reaktionszeiten in den Wind schlage. „Wir wollen den Plan im EU-Parlament kippen“, kündigten die Verbände an.

Organisiert wird die Demo in Wien von der österreichischen Pilotenorganisation ACA, Unterstützung kommt von Gewerkschaft, Arbeiterkammer sowie von den Bord-Betriebsräten von AUA/Tyrolean und Niki ("flyniki"). EU-Politikern werden Petitionen übergeben.

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