Staatliche Eingriffe verschieben Insolvenzen ins nächste Jahr - Weltweit wird ein Anstieg der Firmenpleiten um fast ein Drittel erwartet
Zwar sind die Firmenpleiten in Österreich heuer dank staatlicher Eingriffe noch rückläufig, doch damit wurde zum Teil nur Zeit gekauft. Im kommenden Jahr dürften die Unternehmensinsolvenzen um 15 Prozent zunehmen, glaubt der Kreditversicherungsmakler A.C.I.C. Die für österreichische Exporteure wichtigen Länder Italien, Frankreich oder USA dürfte es noch viel stärker erwischen, so die Prognose.
"Aufgrund staatlicher Interventionen, wie zum Beispiel der Stundung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen oder Moratorien bei den Insolvenzantragspflichten, werden sich zahlreiche Insolvenzen auf 2021 verschieben", erklärt Peter Androsch, Geschäftsführender Gesellschafter von A.C.I.C. Das Bild für 2020 sei trügerisch: Zwar seien die Insolvenzen in den ersten neun Monaten um ein Drittel gesunken, doch hätten sich die Schulden der Unternehmen verdoppelt.
Laut den Berechnungen von Androsch anhand der Daten der vier großen Kreditversicherer wird die Zahl der Unternehmenspleiten im Jahr 2021 in Österreich im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent steigen. Bei Österreichs zweitwichtigster Export-Destination USA wird ein Plus von 46 Prozent erwartet, in Italien 24 Prozent und in Frankreich 28 Prozent. Österreichs wichtigster Exportpartner Deutschland dürfte mit einem Anstieg um 9 Prozent etwas glimpflicher davonkommen. Global wird ein Anstieg um 31 Prozent erwartet. "Österreich hat eine stark exportorientierte Wirtschaft und wird daher von steigenden Insolvenzzahlen bei seinen wichtigsten Handelspartnern besonders betroffen sein", warnt Androsch.
"Es gibt drei Branchen, in denen es bereits jetzt erhebliche Schwierigkeiten gibt neue Kreditversicherungsdeckungen zu bekommen: im Tourismus, in der Luftfahrtindustrie und in der Automobilbranche", erklärt Androsch. Spürbar betroffen sind in weiterer Folge auch die in Österreich traditionell stark etablierten Zulieferer der Auto- und Luftfahrtindustrie. Seitens der österreichischen Kreditversicherer gebe es Deckungszusagen in Höhe von rund 56 Mrd. Euro, davon 39,2 Mrd. Euro für Exportgeschäfte und 16,8 Mrd. Euro für innerösterreichische Geschäfte.
In der Textilbranche habe sich die Lage bereits in diesem Jahr zugespitzt, wie Insolvenz-Anträge bzw. Anträge auf Schutzschirmverfahren von Tom Tailor Holding SE, Galeria Karstadt Kaufhof GmbH sowie der deutschen Tochtergesellschaften der Modekonzerne Esprit und Pimkie gezeigt hätten. "Der Textilhandel leidet deshalb besonders stark, weil die Sommerkollektionen vor den Lockdowns bereits bezahlt oder auf Schulden gekauft wurden, dann aber nur zu einem geringen Teil verkauft werden konnten. Nun müssen die Textilhändler die Herbst- und Winterkollektion verkaufen. Selbst, wenn es zu keinem neuerlichen Lockdown kommen sollte, dürften die Umsätze spürbar unter dem Vorjahr liegen."