Causa Hypo
Österreich klagt Bayern auf 3,5 Mrd.
19.12.2014Schelling sieht "Täuschung" und will jetzt Entschädigung.
Seit Freitag, 9.15 Uhr, herrscht zwischen Österreich und dem Freistaat Bayern so etwas wie politischer Kriegszustand: Die Republik in Person von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bringt eine Entschädigungsklage gegen die BayernLB – dem früheren Hypo-Eigentümer – beim Handelsgericht Wien ein. Streitwert: satte 3,5 Milliarden Euro.
"Bayern haben Zustand der Bank verschleiert"
15 Minuten später tritt Schelling vor die Presse und erklärt, warum er zurückschießt. Schließlich hatten die Bayern Österreich ebenfalls geklagt. Konkret auf 2,4 Milliarden, die die Münchner noch in der Hypo stecken haben. Schelling beeindruckt das wenig: „Das ist kein Tag zum Scherzen“, sagt er und begründet die Klage so:
Täuschung: Österreich sei bei der Notverstaatlichung im Dezember 2009 von den Bayern getäuscht worden – deshalb die „Anfechtungsklage gegen die Notverstaatlichungsvereinbarung“.
3,5 Milliarden Euro: Die Bayern hätten den wahren Zustand der Hypo nicht offengelegt – es wären 3,5 Mrd. € nötig gewesen, um die Bank zu stabilisieren. Dazu kämen 600.000 €, die die Bayern noch abgezogen hätten.
"Bayern waren nicht zu
einem Vergleich bereit!"
Geld zurück. Österreich will keine Rückabwicklung (weil das den Verkauf der Südosteuropa-Töchter gefährden würde), sondern einfach Geld sehen.
Vergleich. Schelling sagt, er sei selbst bei seinem bayerischen Kollegen Markus Söder gewesen und habe versucht, einen Generalvergleich herbeizuführen: Doch Söder sei nicht dazu bereit gewesen. Jetzt seien die Bayern am Ball: Schelling hofft immer noch auf eine gütliche Einigung.
Bayern toben. Danach sieht es nicht aus: Söder ließ ausrichten, die Klage sei „in höchstem Maße unseriös“. Es droht ein langer Rechtsstreit. Schelling cool: „Das wird nicht in einigen Tagen abzuhandeln sein.“
(gü)
So zockten uns die Bayern ab
Natürlich wussten die Bayern im Herbst 2009 längst, dass die Hypo pleite war – und wollten auch neues Geld in die Bank schießen. Doch der damalige Finanzminister Georg Fahrenschon zog seinen Kollegen Josef Pröll über den Tisch:
- Der Bluff: Am 24.11.2009, – kurz vor der Notverstaatlichung – erhielt Fahrenschon eine E-Mail der BayernLB mit der Verhandlungsposition: Man arbeite an einer Auffanglösung für die Hypo. Fahrenschon leitet das an Pröll weiter, strich aber die entscheidende Passage. Stattdessen hieß es: „Mittel der BayernLB sind erschöpft“ (siehe Faksimile unten).
- 1 Euro: Im Dezember spitzte sich die Lage zu – in einer dramatischen Nachtsitzung kaufte die Republik die Hypo um einen Euro. Die Bayern waren die Pleitebank los.
"Extremer Druck vor Verstaatlichung"
ÖSTERREICH: Hat die Klage gegen Bayern eine Chance?
Irmgard Griss: Ich will das nicht einschätzen – ich kenne die Klage nicht.
ÖSTERREICH: Ihr Bericht war eine der Grundlagen der Klage, die darauf fußt, die Bayern hätten uns getäuscht.
Griss: Unser Bericht schildert die Vorgänge und zeigt auch den unglaublichen Druck, der vor der Verstaatlichung herrschte. Es wurden 800 Millionen an Einlagen aus der Bank abgezogen. Wir beschreiben auch die Kommunikation: Keiner der Verantwortlichen hat gesagt, die Bank ist sicher – wie man das eigentlich hätte erwarten müssen.
ÖSTERREICH: Die Bayern haben die Bank also den Bach runtergehen lassen – und sie uns dann untergejubelt?
Griss: So würde ich das nicht sagen. Es ist aber bekannt, dass die Bayern die Bank bereits im November der Republik Österreich verkaufen wollten.
(gü)