Rettung von Euro-Ländern könnte 600 Mrd. kosten

30.04.2010

Eine Rettung mehrerer hoch verschuldeter Länder der Euro-Zone als Folge der Krise in Griechenland könnte die reicheren Regierungen der Eurozone nach Einschätzung von Experten rund eine halbe Billion Euro kosten. Bis zu 600 Mrd. Euro müssten die reicheren Länder auf den Tisch legen, falls auch die Wackelkandidaten Portugal, Spanien und Irland komplett gestützt werden müssten, sagen Volkswirte.

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Daher sei es wichtig, dass das geplante Hilfspaket für Griechenland die Finanzmärkte beruhige. Bis zu dieser Woche war die Idee, dass sogar mehrere Länder finanziell gestützt werden müssten, für viele Analysten so gut wie unvorstellbar. Schon die derzeit geführten Verhandlungen allein zur Rettung Griechenlands stießen auf große politische Hindernisse in potenziellen Geberländern wie Deutschland und Griechenland selbst. In der Öffentlichkeit behaupten Vertreter der Eurozone, dass es keinen Diskussionsbedarf über eine Rettung von weiteren Staaten gebe. Hinter verschlossenen Türen heißt es lediglich, dass derzeit keine internationalen Gespräche über solch ein Szenario geführt würden.

Die wachsende Unsicherheit an den Finanzmärkten schürt jedoch die Sorgen, dass mehr krisengeschüttelte Länder wie Portugal, Irland und Spanien schließlich keine Anleihen mehr zu tragbaren Zinsen begeben könnten. Dies könnte die reicheren Euro-Länder dazu zwingen, ihre Finanzhilfen auszuweiten, um einen Vertrauensverlust der europäischen Gemeinschaftswährung und Kreditausfälle zu verhindern, die wiederum Banken in der Region mit herunterreißen würden.

"Die Ansteckung, die wir derzeit bei anderen Staaten der Eurozone sehen, muss sehr ernst genommen werden", sagte Allan von Mehren, Volkswirt bei der Danske Bank. "Wir erleben allmählich eine gefährliche Krisendynamik, bei der sinkende Bondkurse nicht zu einer steigenden Nachfrage führt, sondern genau das Gegenteil bewirkt." Derzeit gehe sein Haus davon aus, dass man Griechenland für 120 Mrd. Euro retten könne. "Die Summe könnte aber auf 500 bis 600 Mrd. Euro steigen, sollten Portugal und Spanien dazukommen." Die Horrorvorstellung einer umfassenden Mehr-Länder-Rettungsaktion schien in dieser Woche ein wenig näher zu rücken, als die Bondkurse in Portugal die gleichen heftigen Schwankungen wie ihre griechischen Leidensgenossen aufwiesen.

Momentan verhandelt die griechische Regierung mit IWF und EU über Bedingungen, zu denen dringend benötigte Kredite zu günstigeren Zinsen als am Markt gewährt werden könnten. In Medien ist von bis zu 135 Mrd. Euro Hilfen die Rede. Binnen Tagen sollen Ergebnisse vorliegen. S&P hatte in dieser Woche ihr Rating für Griechenland auf "Ramsch"-Status gesenkt. Dabei war S&P kritisiert worden, den Ausgang der Gespräche der Regierung mit EU und IWF nicht abgewartet zu haben. S&P hatte auch die Bewertungen für Portugal und Spanien gesenkt. Dies hatte Sorgen geschürt, die Schuldenkrise könnte auf andere Länder Europas übergreifen.

Andere Experten rechnen auf Basis vorhandener Zahlen vor, dass die Rettung einzelner Länder kosten würde. Auf Basis der an die EU gemeldeten Zahlen muss Portugal zwischen 2010 und 2012 Kredite über 53 Mrd. Euro verlängern und 14,5 Mrd. Euro werden zur Deckung des Haushaltsdefizits benötigt. Davon hat das Land aber schon 9 Mrd. Euro am Kapitalmarkt aufgenommen. Bleiben 58,5 Mrd. Euro.

Irland muss zwischen 2010 und 2012 zwar nur Kredite im Volumen von 19 Mrd. Euro verlängern, benötigt zur Stopfung des Haushaltslochs aber weitere 31 Mrd. Euro. 12 Mrd. Euro davon konnten bereits aufgenommen werden. Verbleiben 38 Mrd. Euro für Irland.

Bei Spanien würde es richtig teuer: Zwischen 2010 und 2012 laufen 264 Mrd. Euro aus. Zudem benötigt das Land wohl weitere 154 Mrd. Euro zur Deckung des aktuellen Haushalts. 71 Mrd. Euro davon wurden bisher aufgenommen, bleiben noch 347 Mrd. Euro offen.

Selbst wenn für Griechenland derzeit nur moderat klingende 100 Mrd. Euro angesetzt würden, ergeben sich in der Summe für die vier Länder rund 544 Mrd. Euro. Das sind rund sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone 2009. "Das ist eine große Zahl, aber selbst im schlimmsten Fall hat die Region die finanzwirtschaftliche Kapazität, sowohl Banken als auch diese Länder aufzufangen", sagte David Mackie von JP Morgan. Er rechne damit, dass die nicht betroffenen Euroländer rund acht Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für die Rettung aller gefallenen Länder hinblättern müssten.

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