Die Giebelkreuzler haben nach massiven Kursverlusten der Ostholding Raiffeisen International (RI) öffentlich Stellung bezogen: Der Sinn der beabsichtigten Fusion von RI mit der Raiffeisen Zentralbank (RZB): Die RI würde eine Banklizenz bekommen, die sie bisher nicht hatte, sagte RZB-Chef Walter Rothensteiner bei einer Pressekonferenz mit RI-Chef Herbert Stepic. Die alte RZB bekomme in neuer Form Börsezugang. Lapidarer Kommentar: "Vielleicht heißt sie dann Raiffeisen Bank International".
Derzeit werden Machbarkeitsstudien erstellt. Bis Ende März, Anfang April soll klar sein, dass es so klappt. Die entsprechenden Hauptversammlungen sollen im Juli und August statt finden. Weil sich alles innerhalb der Konzernbilanz abspielt, werden sich auch die Eigenkapitalquoten nicht ändern. Auch "Einsparungen sind nicht die primäre Motivation", so Stepic.
Kein akuter Kapitalbedarf, kein "sonstiges Problem"
Ein akuter Kapitalbedarf wird als Hintergrund für die Fusionsbestrebungen bestritten. Zurückgewiesen haben die Raiffeisen-Bankenchefs heute auch, dass die RZB zum Totalverkauf der RI gezwungen wäre, sollte die Fusion nicht kommen. Es könne "keine Rede davon sein, dass es uns nicht mehr gibt oder dass wir verkaufen müssen, wenn es nicht zur Fusion kommt", so Rothensteiner. "Wir haben weder ein Kapitalproblem noch ein sonstiges Problem."
Aktie unter Druck. Seit der überraschenden Ankündigung vom Montagabend war die RI-Aktie an der Wiener Börse unter massiven Druck geraten. Heute, Freitag, gab es erstmals Erholung. Freitagfrüh stand die RI-Aktie auf grün, gegen 12:15 Uhr notierte der Titel bei 32,72 Euro um 4,2 % im Plus. Gestern war sie Tagesverlauf unter das Niveau zum Börsegang April 2005 (Ausgabekurs war 32,50 Euro) zurückgefallen. Rothensteiner war es "nicht egal, alle 5 Minuten meine Liste auf rot zu sehen", wie er zum Börseverlauf seit Dienstagfrüh sagte. "Wir nehmen das sehr ernst." Man habe die Reaktion des Marktes, und was alles in die Ankündigung hineininterpretiert werde, total unterschätzt. Stepic sieht im aktuellen Aktienkurs kein Zeichen für einen Misserfolg des Börsegangs. "Wir haben Höchstkurse gehabt, die mir nicht gefallen haben, weil es zu rasch war." Und die jetzigen Kurse hätten ebenfalls nichts mit Unternehmensbewertung zu tun. "Aber es gilt: Die Börse hat immer recht." 2005 sei das pure Osteuropa als Investmentstory richtig gewesen. "Andere Zeiten, andere Prioritäten", meinte Stepic heute. Jetzt sei eine Zusammenfassung von allem was Kommerz- und Retailgeschäft ist, sinnvoll. |
Welche Alternativen es gibt, was die "zweitbeste Lösung" wäre, wurde nicht erläutert. "Es ist nicht so, dass beide Häuser ein wirkliches Problem haben, wenn sich in den nächsten 2 Monaten herausstellt, dass es nicht geht", sagte Rothensteiner. "Überhaupt keine Diskussion davon, dass dann die Welt zusammenbricht." Man werde dann möglicherweise wieder 5 % Börsekurs verlieren.
"Interne Memos? Bitte nicht so ernst nehmen..."
Kolportierte interne Memos, in denen steht, dass es de facto keine Alternativen geben soll zum Zusammenschluss, wollte Rothensteiner heute nicht weiter kommentieren. "Das ist eine Arbeitsunterlage. Das bitte nicht so ernst zu nehmen." Da stehe nicht darin, was komme und was nicht. Es sei mit keinem Satz gesagt, die Fusion sei die einzig mögliche Lösung.
Zum künftigen Streubesitz wurden mit Blick auf die noch nicht fertigen Bewertungen für die Zusammenführung keine Angaben gemacht. "Die Kleinaktionäre werden einen sehr ordentlichen Anteil haben", versicherte Rothensteiner. Zusätzlich zu den Prüfern von BDO und Deloitte werde ein unabhängig zu bestellender Wirtschaftsprüfer das ermittelte Austauschverhältnis bewerten.
Rothensteiner und Stepic wollen, dass die Sektorbanken auch künftig die Mehrheit halten. Je länger die Raiffeisen-Bankengruppe strategischer Mehrheitsführer der neuen Bank sei, umso besser fürs Geschäft und die Marke, meint Stepic, der von einem Wettbewerbsvorteil für starke Marken sprach.
Im Firmenbuch eingetragen haben will Raiffeisen die neue Fusionsbank bis spätestens 30. September, die Verschmelzung - die sich ja nur innerhalb der Konzernbilanz abspielt - soll dann rückwirkend per 1. Jänner 2010 erfolgen.
"Structure follows strategy", sagte Rothensteiner auf Fragen, wie sich die neue Bankenspitze darstellen wird. Nur soviel: "Es werden Ihnen die bisher bekannten Gesichter erhalten bleiben." Das vom Staat an die RZB gegebene Partizipationskapital bleibt in der fusionierten Bank. Es soll aus jetziger Sicht nicht vorzeitig zurückgezahlt werden. Rothensteiner. "Wir haben immer gesagt, das ist ein Schutzschild gegen das, was noch kommen wird."
Neuerlich wurden die RZB-Manager heute gefragt, ob sie die am Markt befindliche Volksbank AG (ÖVAG) übernehmen werden. "Das ist kein Focus für uns", erklärte Rothensteiner. "Dass wir beide Genossenschaften sind, ist das einzige, was uns verbindet."
RZB-Überschuss steigt 2009 um 38 % auf 824 Mio. EuroDie Kernkapitalquote der RZB hat zum Ultimo 11,8 % betragen, die Eigenmittel-Überdeckungsquote 64 %, das sind 4,8 Mrd. Euro mehr gewesen als das gesetzliche Eigenmittelerfordernis von 7,5 Mrd. Euro. Der Jahresüberschuss lag vor Steuern bei 824 Mio. Euro - um 38 % mehr als 2008. Der Nettogewinn stieg von 47,7 sogar auf 433,4 Mio. Euro. Die Kreditvorsorgen der RZB beliefen sich 2009 auf 2,247 Mrd. Euro. Die zum Konzernverbund gehörende Raiffeisen International meldete einen Jahresüberschuss vor Steuern von 368 Mio. Euro, um 74 % weniger als vor Jahresfrist, der RI-Nettogewinn wird mit 212 Mio. Euro (-78 %) ausgewiesen. Weitere Kennzahlen: Die RZB-Bilanzsumme sank im Jahresabstand um 5,7 % auf 147,9 Mrd. Euro. Bei der RI gab es einen Rückgang um 10,7 % auf 76,3 Mrd. Euro. Im RZB-Konzern sank der Zinsüberschuss um 14 %, in der RI um 9 %. Beim operativen Betriebsergebnis gab es im RZB-Konzern einen Rückgang um 7 % auf 2,59 Mrd. Euro. RI meldet einen Rückgang um 9 % auf 2,056 Mrd. Euro. Die gesamten Eigenmittel im RZB-Konzern werden zum Ultimo mit 12,3 Mrd. Euro beziffert, das Kernkapital (Tier 1) mit 8,9 Mrd. Euro. An Kosten eingespart worden sind im RZB-Konzern im Vorjahr rund 321 Mio. Euro. Raiffeisen hat im Osten wieder tausende Mitarbeiter abgebaut. Als einzige von den österreichischen Banken ist die Gruppe (jetzt noch über die RZB, künftig über die neue Fusionsbank) auch in Ostasien tätig. Der Vorstand nannte die Niederlassungen in Peking und Singapur "sehr erfolgreich". |