Aus heutiger Sicht seien dafür aber keine Staatshilfe nötig, so ein Bankensprecher.
Nicht nur bei der Erste Group, auch bei Raiffeisen ist der Kapitalbedarf nach den neuen strengeren europäischen Vorschriften um einiges höher als zum Halbjahr errechnet. Per 30. September liegt der Kapitalbedarf der RZB-Gruppe nach vorläufigen Berechnungen der Bank nun bei 2,5 Mrd. Euro, um bis Juni 2012 auf die von der europäischen Bankenaufsicht EBA verlangte Kapitalquote von 9 Prozent zu kommen. Das sind 600 Mio. Euro mehr als nach den Zahlen zum Halbjahr, wie die Bank am Freitagfrüh meldete. Nochmals zum Staat pilgern will die Raiffeisen-Spitze unter keinen Umständen, wie der Chef des Raiffeisenverbands, Christian Konrad, deponierte.
Kapitallücke
Die Bank werde alle nötigen Schritte setzen, um die Quote zu erreichen, heißt es in der Pflichtmitteilung vom Freitag, in der auch eine Kapitallücke bestätigt wurde. "Aus heutiger Sicht wird die RZB-Gruppe dafür keine staatliche Hilfe benötigen", teilte die RBI namens der Mutter mit. Die RZB ist die Mutterholding der börsenotierten Raiffeisen Bank International (RBI). Die RBI selbst will nächste Woche bei der Quartalspressekonferenz einen höheren Gewinn als im ersten Semester berichten.
Die Quartalszahlen stehen am 24. November an. An dem Tag will Raiffeisen auch schon erläutern, wie der Kapitalbetrag gedeckt werden soll.
Kein Geld vom Staat
"Wir haben immer gesagt, wir werden alles tun, um nicht ein zweites Mal Kapital vom Staat zu brauchen", bekräftigte Konrad Donnerstagabend bei einem Vortrag in Wien. "Die Republik hat uns einmal die Schulter geliehen". Im Vertrag mit der Republik stehe, dass es beim zweiten Mal nur im Wege von Stammaktien ginge. "Dann sitzen sie drin". Es sei anzunehmen, dass die Politik sogar bei nur 10 Prozent Anteil überproportional in der Geschäfts-, Personal- und Dividendenpolitik mitreden würde - wohl auch in der Gehaltspolitik.
Ein Börsegang der RBI mit jungen Aktien wiederum hieße zum aktuellen Kurs von 16 Euro, die halbe Bank zu verschenken. Die RZB hält 78 Prozent an der RBI. Rein grundsätzlich könnten laut Konrad mehrere Kapitalerhöhungen "in beträchtlichem Maß hereingeholt werden, ohne dass wir unter 50 Prozent fallen".
Daher trachte man, die 9 Prozent aus eigener Kraft zu stemmen. Die Raiffeisenbanken und -Kassen seien absolut stabil, sie hielten damit die Raiffeisen Zentralbank (RZB), und die sei stark genug, um die RBI zu halten, befand Konrad. Von der EBA angerechnet wird das staatliche Partizipationskapital - bei der RZB sind das 1,75 Mrd. Euro.
Bis Weihnachten reicht Raiffeisen bei der Aufsicht den Plan ein, wie die Kapitallücke gefüllt werden soll.
Plan bis Weihnachten
Konrad umriss, wie das aus eigener Kraft gehen sollte. Da wäre zunächst einmal der Jahresgewinn von heuer. "Im ersten Halbjahr gab es einen Gewinn von 600 Mio. Euro. Der wird nicht zu verdoppeln sein. Aber es wird noch ein bisschen was draufkommen." Konkret hatte die Bank von Jänner bis Juni 615 Mio. Euro Nettogewinn gemeldet. Diesen Gewinn führe man, soweit man ihn nicht ausschütte, den Rücklagen zu. Auch das Ergebnis des ersten Halbjahrs 2012 würde zur Kapitalstärkung herangezogen. Eine halbe Milliarde könnte an nicht benötigten stillen Reserven in Rücklagen umgebucht werden. Und letztlich hat Raiffeisen die Hoffnung nicht begraben, die privat gezeichnete Milliarde Partizipationskapital doch noch angerechnet zu bekommen. Die RZB/RBI-Spitze hat mehrfach erklärt, dass diese Milliarde privates PS-Kapital andernfalls in "EBA-fähiges" Kapital gewandelt werden könnte.
Dass die drei österreichischen "EBA-Stresstest-Banken" Erste, Raiffeisen und ÖVAG zwar kein oder nur ein überschaubares Griechenland-Risiko aufwiesen, trotzdem aber die wegen der Athen-Krise verfügten EBA-Kapitalquoten liefern müsse, nimmt Konrad missvernügt zur Kenntnis. Weil damit "Basel III" vorverlegt wurde, sei Feuer am Dach bei den Banken. Kaum ein Institut erfülle im Moment diese Bestimmungen. Den Verantwortlichen in der EBA, die auch beim letzten Test sofort den Kapitalbedarf der österreichischen Banken veröffentlicht habe, wirft der Raiffeisen-Boss eine "sehr unerfreuliche Informationskultur" vor.