Euro-Länder müssen 0,2 Prozent des BIP Strafe zahlen.
Die EU-Kommission hat als Konsequenz der Griechenland-Schuldenkrise am Mittwoch scharfe Sanktionen für Euro-Staaten vorgeschlagen, die ihre Budgetdefizite und ihre Verschuldung nicht in Ordnung bringen. Das Paket von Gesetzesvorschlägen sieht eine weitreichende Reform des Euro-Stabilitätspaktes vor, der in Zukunft schon frühzeitig mit "Zähnen" ausgestattet werden soll.
Defizitverfahren
Nach dem Vorschlag der EU-Kommission sollen Defizitverfahren künftig nicht nur bei Überschreitung der Drei-Prozent-Defizitschwelle eingeleitet werden, sondern auch bei Überschreiten der staatlichen Gesamtverschuldungsmarke von 60 Prozent. Staaten, die über einem Schuldenstand von 60 Prozent liegen, sollen ein Zwanzigstel der Differenz innerhalb von drei Jahren abbauen müssen.
Verschärft soll dies mit einem neuen stufenweisen Sanktionen-Mechanismus für Euro-Länder werden: Ist ein Defizitverfahren eröffnet, muss der betreffende Staat eine nicht-verzinste Einlage von 0,2 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes an die EU zahlen.
Reform
Um säumigen Ländern bereits frühzeitig die "Daumenschrauben" anzusetzen, schlägt die EU-Kommission auch eine Reform des "präventiven" Teil des Paktes vor. Demnach müssten Euro-Länder auch schon verzinste Einlagen in Höhe von 0,2 Prozent ihres BIP einzahlen, wenn sie von ihren mittelfristigen Budgetzielen deutlich abweichen, selbst wenn gegen den Staat noch gar kein EU-Defizitverfahren eröffnet ist. Der Betrag kann in eine Strafzahlung umgewandelt werden, wenn die EU-Empfehlungen zum Defizit- oder Schuldenabbau nicht befolgt werden.
Ein Vorschlag der EU-Kommission für Sanktionen soll im konkreten Fall künftig nur mehr mit einer qualifizierten Mehrheit der EU-Finanzminister verhindert werden können. Dies stellt gegenüber heute eine "Beweislastumkehr" dar, denn derzeit erfordert ein Sanktionsbeschluss eine qualifizierte Mehrheit im EU-Ministerrat.
Weitere Verfahren
In Ergänzung zum Defizitverfahren schlägt die EU-Kommission auch die Einführung eines "Verfahrens bei übermäßigen Ungleichgewichten" anhand einer Reihe Wirtschaftsindikatoren vor. Laut EU-Kreisen sollen damit Probleme eines Landes in der Leistungsbilanz, beim Verhältnis privater Schulden im Vergleich zum BIP, bei Lohnstückkosten und bei Immobilienpreisen frühzeitig erkannt und korrigiert werden. Sollte ein Euro-Land wiederholt gegen die EU-Empfehlungen verstoßen, müsste es nach dem Plan der EU-Kommission jährlich eine Strafe in Höhe von 0,1 Prozent seiner Wirtschaftsleistung an die EU abführen. Diese Sanktion könnte nur durch eine qualifizierte Mehrheit der Euro-Länder verhindert oder reduziert werden.
Über die Verschärfung des Stabilitätspaktes wollen die EU-Staaten bis Ende Oktober im Rahmen der "Taskforce" unter Führung von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy Einvernehmen erzielen. In EU-Kreisen hieß es, die Neuerungen sollen mit 1. Jänner 2012 in Kraft sein, allerdings seien noch Übergangsregelungen zu definieren in Hinblick auf laufende Defizitverfahren. Auch sollen die neuen Maßnahmen nicht rückwirkend angewendet werden.