"Technischer Defekt"

S&P wertet irrtümlich Frankreich ab

10.11.2011

Nach Vorfall ermittelt nun die Finanzmarktaufsicht gegen Rating-Agentur.

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© EPA
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Erst Griechenland, Irland und Portugal - dann eventuell Spanien, Italien und sogar Frankreich? Die Finanzmärkte spekulieren seit Monaten darüber, welches Euroland als nächstes wackelt. In diese explosive Lage platzt Standard & Poor's mit einer Falschmeldung. Mitten in der Euro-Schuldenkrise hat die Ratingagentur S&P Frankreich versehentlich die Top-Bonität aberkannt - und damit das zweitgrößte Euro-Land geschockt. Finanzminister Francois Baroin forderte in einer am späten Donnerstagabend in Paris verbreiteten Erklärung die Aufsichtsbehörde für die europäischen Finanzmärkte zu einer Untersuchung auf.

Die Agentur selbst klärte den Fehler erst Stunden nach dem Vorfall auf: Eine entsprechende E-Mail sei an einige Abonnenten der S&P-Internetseite versendet worden. Standard & Poor's sprach von einem "technischen Fehler". Man wolle die genaue Fehlerquelle untersuchen.

Die Panne hätte zu kaum einem ungünstigeren Zeitpunkt passieren können: Bereits vorher waren die Risikoaufschläge französischer Staatsanleihen zu den als extrem sicher geltenden deutschen Staatsanleihen auf Rekordhöhe gestiegen - mittlerweile liegen sie bei knapp 1,6 Prozent. In diesem hochnervösen Umfeld verschickte die Agentur dann am Abend ihre E-Mail.

Am Freitag beruhigte sich die Lage am französischem Anleihemarkt nur leicht. Am Donnerstag hatte die Rendite für zehnjährige französische Staatstitel einen Sprung um rund 0,3 Prozentpunkte hingelegt, der laut Händlern zumindest teilweise auf den Patzer von S&P zurückging. Die Rendite des französischen Zehn-Jahres-Papiers lag am Freitagvormittag bei 3,4 Prozent und damit nur leicht unter dem Höchststand vom Donnerstag.

Druck auf Griechenland und Italien sinkt
Derweil hat sich die Lage für italienische und griechische Staatsanleihen zum Wochenausklang entspannt. Nachdem die Risikoaufschläge für italienische Staatstitel bereits am Donnerstag merklich gesunken waren, gingen sie auch am Freitag spürbar zurück. Deutlich geringere Risikoaufschläge muss Griechenland zahlen, nachdem dort der Weg für eine Übergangsregierung frei wurde.

In Italien sank die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Anleihe im Vormittagshandel um gut einen Viertel Prozentpunkte auf rund 6,6 Prozent. Am Mittwoch war die Rendite deutlich über sieben Prozent gesprungen. In der Nähe dieses Renditeniveaus, das unter Experten über längere Zeit als nicht tragfähig gilt, hatten die Euro-Länder Griechenland, Irland und Portugal mit Finanzhilfen gerettet werden müssen.

Der frühere Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), Jacques Attali, hatte Paris in einem Gespräch mit dem französischen Wirtschaftsblatt "La Tribune" (Donnerstag) bereits ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: "Machen wir uns nichts vor: auf den Finanzmärkten haben die (französischen) Schulden schon kein AAA mehr." Frankreichs Regierung hatte in den vergangenen drei Monaten zweimal ihre Wachstumsprognosen reduziert und drastische Sparpläne ausgearbeitet, um dennoch ihre ehrgeizigen Ziele bei der Reduzierung des Budgetdefizits zu erreichen. Nach Bekanntgabe eines Nullwachstums im zweiten Quartal dieses Jahres hatten Spekulationen über eine möglicherweise bevorstehende Herabstufung der Top-Bonität Frankreichs an den Börsen für Aufruhr gesorgt.
 

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