Streit um Atomstudie in Deutschland

16.09.2009

Wirbel um eine Studie in Berlin: Die deutsche Forschungsministerin Annette Schavan von der CDU soll nach einem Zeitungsbericht seit 3 Monaten eine brisante Atom-Studie zurückhalten. Das Ministerium widersprach dem.

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Wie die "Financial Times Deutschland" am 16.9. berichtete, solle die Studie erst nach der Bundestagswahl vom 27.9. veröffentlicht werden. In dem Papier würden 100 Wissenschaftler den Bau von neuen Atomkraftwerken in Deutschland empfehlen. Sie würden zudem eine neue Suche nach einem Endlager im Tongestein verlangen. Die meisten deutschen Tonformationen gibt es in Baden-Württemberg.

Nur "Szenarien"

Das Forschungsministerium erklärte, bei dem Konzept handele es sich nicht um eine "Atom-Studie", sondern um "denkbare Szenarien" für eine künftige Energiepolitik. "Die Wissenschaft ist frei. Wir haben keine Vorgaben gemacht", sagte ein Ministeriumssprecher.

Auch würden in dem Konzept keine konkreten Vorschläge für den Bau von neuen Atomkraftwerken gemacht. Im übrigen befassten sich nur vier Seiten der insgesamt 60 Seiten umfassende Vorstudie mit der Atomkraft. "Von einer Atomstudie kann deshalb gar keine Rede sein", sagte der Sprecher.

SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel sagte dagegen, offensichtlich spiele die Atomkraft in den Planungen der Unions-Parteien "insgeheim eine größere Rolle als bisher immer behauptet". Während die CDU-Kanzlerin Angela Merkel offiziell von der Atomkraft als "Brückentechnologie" für den Übergang zu den Erneuerbaren Energien spreche, "lässt sie zu, dass ihre Forschungsministerin und Stellvertreterin im Parteivorsitz Gutachten in Auftrag gibt, die schon mal den Neubau von Atomreaktoren untersuchen", sagte Gabriel in einer Erklärung. Er forderte die Bundeskanzlerin auf, Klarheit zu schaffen. "Mehr Atomkraft ergibt mehr Atomkraft, aber nicht mehr Windkraft."

Keinen Wahlkampfkonflikt heraufbeschwören

Mitautor der Studie ist der renommierte Stuttgarter Technik- und Umweltsoziologe Ortwin Renn. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in der Risikoforschung und Technikfolgenabschätzung sowie in der Einbindung von Interessengruppen und Öffentlichkeit bei der Lösung konfliktbeladener Themen.

Die Zeitung zitiert aus einem Brief Renns an seine Forscher-Kollegen, in dem er die bisherige Nicht-Veröffentlichung des Gutachtens erklärt. Das Ministerium sowie die Präsidenten der beteiligten Wissenschaftsorganisationen hätten sich darauf verständigt, "das Konzept erst nach der Bundestagswahl der Öffentlichkeit vorzustellen, da sonst die Gefahr bestände, dass es im Wahlkampf untergeht oder zerredet wird".

Die Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Bärbel Höhn, forderte von Schavan die sofortige Veröffentlichung der Studie. Wenn im Forschungsministerium über den Bau neuer Atomkraftwerke nachgedacht werde, "haben die Wähler ein Recht, das vor der Wahl zu erfahren". Das Gutachten offenbare, was viele in Union und FDP wirklich wollten. "Sie reden von Laufzeitverlängerungen, wollen aber den Bau neuer Atomkraftwerke. Das würde nicht nur neue Gefahren und mehr Atommüll bedeuten, sondern einen enormen Rückschritt auf dem Weg in eine zukunftsfähige Energieversorgung", sagte Höhn.

Wie die Zeitung unter Berufung auf den Brief Renns schreibt, sei Schavan am 24.6. eine Kurzfassung des Konzepts übergeben worden. Darin heißt es: "Abhängig von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen könnte sich Deutschland aber in der Zukunft wieder an der Entwicklung und dem Bau von neuen Kernkraftwerken beteiligen, um einen erheblichen Teil des Energiebedarfs mit Kernenergie zu decken." Trotz unbestreitbarer Risiken biete die Kernkraft "eine kostengünstige und konsensfähige Grundlast".

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