Das Tauziehen zwischen den Parteien um die neuerliche Novellierung des Ökostromgesetzes hält an. Gespräche gibt es unter anderem offenbar noch über eine mögliche Verlängerung des Rohstoffzuschlags, ein 2008 eingeführter Extrazuschlag für Biogasanlagenbetreiber zur Abmilderung hoher Rohstoffpreise. Auch die Eckpunkte der Deckelung für Industriebetriebe sind noch in Diskussion.
Diese Ausnahmeregelung für energieintensive Betriebe wird von der EU derzeit noch geprüft. Genehmigt hatte Brüssel im Juli nur die generellen Tarife zur Investitionsförderung für Ökostrom.
Kein Beschluss am 1. September
In der Sondersitzung des Nationalrates am Dienstag (1.9.) soll die Novelle zum Ökostromgesetz nach derzeitigem Stand nicht beschlossen werden, sondern erst im regulären Plenum am 23.9. und das auch nur, wenn die Koalition einen Partner für die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit findet.
Als erster Anwärter für die Unterstützung gilt derzeit die FPÖ. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (V) ist laut ORF-Radio zuversichtlich, dass bis 23.9. ein Kompromiss erzielt wird und er den Änderungsantrag im Parlament einbringen kann. Er sprach sich heute erneut dafür aus, dass die Ökostromförderung zunächst ohne die Industrie-Deckelung in Kraft tritt.
Die Industriellenvereinigung sei aber strikt dagegen, die Ökostromförderung ohne eine gleichzeitige Erleichterung für energieintensive Unternehmen zu beschließen. Dabei gehe es um 40 Mio. Euro, sagte der stellvertretende Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Peter Koren, im ORF-Radio.
Mitterlehner kann sich unter anderem eine steuerliche Entlastungen der Industrie vorstellen, das wäre die "sauberste Variante". Wie es aus Verhandlungskreisen heißt, werden derzeit in Wien Alternativen zu der von Brüssel nicht goutierten Regelung heftig diskutiert.
VP-Kritik an SP-Blockadehaltung
ÖVP-Wirtschaftssprecher Konrad Steindl warf der SPÖ in einer Aussendung Blockadehaltung vor: Bei der Novellierung des Ökostromgesetzes gehe es im Wesentlichen um die Umsetzung der von der EU genehmigten Teile. Dies enthalte vor allem leichteren Zugang für Investitionen und Unterstützung für die heimische Wirtschaft. SPÖ-Energiesprecher Wolfgang Katzian sagte, dass es etwa über den Rohstoffzuschlag gute Gespräche, aber noch keine Einigung gebe.
Die Grünen stellen der Regierung in einer Aussendung ein "Solar-Ultimatum" und wollen nur zustimmen, wenn die gesetzliche Förderobergrenze für neue Ökostrom-Anlagen von derzeit 21 Mio. auf 50 Mio. Euro angehoben wird und es eine verbindliche Vereinbarung gibt, ein neues Gesetz nach deutschem Vorbild bis Ende 2010 zu beschließen. Zudem müssten die Bundesmittel für die sogenannte "kleine Photovoltaik" unter 5 kW, deren Förderung aber gar nicht im Ökostromgesetz geregelt ist, aufgestockt werden.
Kritik an der "erneuten Verzögerung" kam auch von der IG Windkraft: Die Ökoenergie-Erzeuger würden hingehalten, dabei stehe si seit langem in den Startlöchern, um 4 Mrd. Euro zu investieren. Für den Umweltdachverband muss es "oberstes Ziel" sein, die genehmigten Teile des Ökostromgesetzes rasch in Kraft zu setzen.
Beim neuen Ökostrom-Gesetz, das seit September 2008 zur Notifikation in Brüssel lag, geht es vor allem um den Ausbau der Windkraft und der Wasserkraft um jeweils 700 MW bis 2015. Dies würde laut Experten rund 350 neue Windräder bzw. 20 bis 30 neue Windparks in Österreich bedeuten. Bei Biomasse und Biogas ist ein Ausbau um 100 MW geplant. Zum Vergleich: Das Donaukraftwerk in Wien Freudenau hat eine installierte Leistung von 172 MW. Der Rohstoffzuschlag von insgesamt 20 Mio. Euro war im Vorjahr für Biogas-Anlagen eingeführt worden, um die Folgen der damals hohen Rohstoffpreise abzumildern.
Berlakovich erhöht Tempo
Bei der Novellierung des Ökostromgesetzes drängt Umwelt- und Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (V) auf einen möglichst raschen Beschluss. Er bedauert, dass die Materie am Dienstag nicht im Sondernationalrat zum Bankgeheimnis behandelt wurde. Es sei nun absolut notwendig, dass die Änderungen bei der Ökostromgesetz-Novelle aus 2008 bei der nächsten regulären Nationalratssitzung am 23. September beschlossen werden, sagte der Landwirtschaftsminister heute, Dienstag, zur APA. Völlig unverständlich sei die "Blockade" durch den Koalitionspartner SPÖ.
Die Ökostromgesetznovelle aus dem Jahr 2008 wurde heuer im Juli nur zum Teil von der EU gebilligt. Die darin enthaltene Deckelung für energieintensive Industriebetriebe wurde von Brüssel zurückgewiesen und wird aus beihilfenrechtlichen Gründen einer vertieften Prüfung unterzogen.
Um die nun geplanten Änderungen, für die die Koalition Partner für eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht, gibt es nun ein Tauziehen. Für die SPÖ geht es offenbar um den Industrie-Deckel und den Rohstoffzuschlag, der im Vorjahr für Biogasanlagenbetreiber zur Abmilderung der hohen Rohstoffkosten eingeführt worden war und 20 Mio. Euro betragen hatte.
Durch das Ökostromgesetz könnten Investitionen von 200 Mio. Euro ausgelöst werden, so Berlakovich. Mit dem Ziel, bis 2020 den Anteil der Erneuerbaren auf könnten insgesamt 75.000 "Green-Jobs" in Österreich geschaffen werden. In diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei die Blockade der SPÖ völlig falsch.
Mit dem neuen Ökostromgesetz könnten wichtige Impulse für die Regionen erfolgen. In Österreich gebe es ausgezeichnete Unternehmen im Ökoenergie-Bereich, die über technologische Know-how verfügen. Für den Bauernbund-Chef und ÖVP-Abgeordneten Fritz Grillitsch es laut einer Aussendung bedauerlich, "dass die SPÖ die Novellierung des Gesetzes blockiert und versucht, diese mit anderen Themen zu junktimieren."
Gezahlt werden die Subventionen für den "grünen Strom" aus Windkraft, Biomasse, Biogas und Photovoltaik von den Stromkunden. Laut Energieregulierungsbehörde E-Control wurde der Ökostrom im Jahr 2008 mit 252 Mio. Euro gefördert - nach 315 Mio. Euro im Jahr 2007. Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Verbrauch von 3.500 kWh jährlich musste 2008 somit 34 Euro für die grüne Energie zahlen.
Laut E-Control-Berechnungen aus dem Vorjahr könnten es durch die - bisher nicht in Kraft getretene - Ökostromgesetz-Novelle 2008 für einen durchschnittlichen Haushalt um 10 Euro mehr werden. Für den Ausbau von Wind- und Wasserkraft sind laut der Ökostromgesetznovelle aus dem Vorjahr bis 2015 jeweils bis zu 700 MW vorgesehen, für Biomasse rund 100 MW.