Teuerungsrate dürfte im September, spätestens aber im April die Schwelle von 10 Prozent übersteigen.
Der Wifo-Inflationsexperte Josef Baumgartner rechnet hinsichtlich der Rekordteuerung in Österreich nicht mit einer baldigen Trendumkehr. "Wir sind weit weg von einer Entwarnung. Nach den Ankündigungen von Wien Energie und EVN erwarte ich für September, aber spätestens für April 2023, eine Inflationsrate von mehr als zehn Prozent", sagte Baumgartner zum "Kurier" (Dienstagsausgabe). Laut Schnellschätzung der Statistik Austria lag die Inflation im Juli bereits bei 9,2 Prozent.
Preis-Anpassung zweimal jährlich
Ab 2023 sei zu erwarten, dass die Energieversorger ihre Preise nicht wie zuvor einmal, sondern zweimal im Jahr anpassen werden - im April und im Oktober. Die von der Regierung ins Auge gefasste Strompreisbremse reiche zudem nicht aus, um die Teuerung wirksam zu dämpfen. Dazu müsse der staatliche Eingriff darüber hinausgehen und auch bei Gas oder Fernwärme erfolgen, so der Experte.
Der Ökonom stützt seine Prognose aber auch auf die zuletzt deutlich in die Höhe geschnellten Großhandelspreise für Strom, die bei weitem noch nicht gänzlich an die Kunden weitergegeben worden seien. Im August lagen die Strom-Großhandelspreise um 247 Prozent über dem Vorjahreswert. "Wenn die Energieversorger das eins zu eins weitergeben, dann droht ein enormer Preisanstieg."
Verdopplung der Strom- und Gasrechnung
Ein Gutteil der Energieunternehmen würde sich aber nicht an einem Monatswert, sondern am Durchschnittspreis der vergangenen 12 Monate orientieren. Dieser lag zuletzt bei etwa 140 Prozent. Davon werde bei den Haushalten im September - unter Berücksichtigung der Rabatte für Bestandskunden - eine durchschnittliche Preiserhöhung von jeweils 50 Prozent bei Strom und Gas ankommen, schätzt Baumgartner. "Das kommt aber auf die heutigen Preise oben drauf, ist also eine Verdopplung", unterstrich Baumgartner im Gespräch mit dem "Kurier".
Die angekündigten Preiserhöhungen von EVN und Wien Energie hätten auch eine Wirkung auf den Verbraucherpreisindex (VPI) und damit die Inflationsrate in Österreich, selbst wenn sich die Tarifänderungen lediglich auf den Osten des Landes erstrecken, ergänzte Baumgartner gegenüber der APA. Grund dafür sei die große Zahl an von diesen Energieversorgern belieferten Haushalten.