Die Beschäftigung im Tourismus geht erstmals seit Jahren zurück, die Arbeitslosigkeit steigt und damit auch der Druck auf die Mitarbeiter. Das geht aus den jüngsten Daten von Arbeitsmarktservice (AMS) und Hauptverband der Sozialversicherungsträger hervor, die die Tourismusgewerkschaft zusammen mit Ifes in Wien präsentiert hat.
"Die Krise hat längst auch den Tourismus erreicht", betonte Kai Biehl, Wirtschaftswissenschafter bei der Arbeiterkammer, die bei Ifes seit 2005 das generelle Arbeitsklima, darunter auch im Tourismus, in Österreich erheben lässt. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter in Gastronomie und Hotellerie sei traditionell geringer als im Schnitt aller Branchen, erläutert Ifes-Experte Georg Michenthaler.
2009 sei dieser Wert aber noch einmal um 5 Indexpunkte zurückgegangen. Noch stärker gestiegen ist der Frust der Beschäftigten in den vergangenen zwei Jahren über ihre Einkommen: Während im Schnitt aller Berufsgruppen 7 Prozent der Befragten mit ihrem Gehalt nicht auskommen, sind es im Tourismus 15 Prozent.
Bei denen, die gerade damit durchkommen, liegt der Anteil bei 50 Prozent versus 40 Prozent generell. Bisher seien geringeres Einkommen oder unangenehme Arbeitszeiten durch die raschen Wechsel-Möglichkeiten aufgewogen worden, so Michenthaler, mit der Krise sei dieser Vorteil aber weg.
Die Einkommen in der Fremdenverkehrsbranche seien traditionell niedrig, sagte der Vorsitzende der zuständigen Gewerkschaft vida, Rudolf Kaske, mit der Krise werde aber die Lage "immer prekärer" und sinke die Lebenszufriedenheit "wie nie zuvor". 50 Prozent der Beschäftigten in der Branche kommen auch nur mit "Zuwendungen" von Staat, Partnern oder Eltern über die Runden, geht aus der Umfrage hervor.
Gleichzeitig liegt der Anteil derer, die einen Umstieg in ein anderes Unternehmen oder sogar in einen anderen Beruf erwägen, zweieinhalb- bis dreimal so hoch wie im Durchschnitt aller Branchen. Kaske sieht das als "alarmierendes Zeichen", weil Gastronomie und Hotellerie keine "Fluchtbranchen" werden wollten.
Ruppiger Umgangston
Die Krise im Tourismus findet aus Sicht der Gewerkschaft noch immer "auf hohem Niveau" statt. Während die Zahl der Reisenden weltweit im 1. Quartal um 8 Prozent gesunken ist, sei der Rückgang in Österreich von Jänner bis Mai bei den Nächtigungen nur halb so hoch ausgefallen. Dennoch wirke sich das auf die Atmosphäre in den Unternehmen aus und werde der Umgangston ruppiger und die Nervosität steige.
Kaske warnt aber davor, den Tourismus krank zu jammern. Prognosen wie "minus 10 Prozent im Winter" seien wenig hilfreich. Auch wenn die Mitarbeiterzahl zurückgeht - geschätzt werde um 3.000 bis 6.000 -, liege man immer noch über dem Schnitt von 2007. Lob gibt es von Gewerkschaftsseite für die bestehenden Investitionsförderungen und Überlegungen des Wirtschaftsministeriums, das Österreich-Werbebudget neuerlich aufzustocken. Für "sehr fragwürdig" hält der vida-Chef auch den Vorschlag von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, arbeitslose Jugendliche aus anderen Branchen in den Tourismus umzuschleusen. "Wir haben genug Arbeitslose", so Kaske, außerdem würde das die Qualität untergraben.
Im Juli - also am Höhepunkt der Saison - waren im Tourismus österreichweit 24.492 Menschen arbeitslos gemeldet, um ein Fünftel mehr als ein Jahr davor. Die genauen Beschäftigungszahlen für Juli liegen noch nicht vor, es wird aber davon ausgegangen, dass sich der rückläufige Trend von Juni noch verschärft hat. Im 2. Quartal ging die Beschäftigung im Fremdenverkehr um 2,6 Prozent auf rund 170.000 zurück. Zurückgegangen ist im Juli auch die Zahl der Beschäftigten aus den osteuropäischen Nachbarländern, konkret um 2,8 Prozent auf 32.467. Die Zahl der Saisonniers liegt in der Sommersaison mit 4.635 um etwa 10 Prozent unter dem Vorjahreswert. Dazu kommen noch rund 7.000 Mitarbeiter auch "alten" EU-Ländern, vor allem Deutschland.