Volle Skihütten, ausgebuchte Hotels - aber zu wenig Personal. Tirols Wirtschaftskammerpräsidentin Barbara Thaler will das Aus des Saisonniers-Kontingents für Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten. Die Anträge seien eine Quälerei, der Personalmangel zu groß.
Der Arbeitsmarkt gehöre geöffnet, ansonsten habe Österreich einen massiven Standortnachteil, sagt Tirols Wirtschaftskammerpräsidentin Barbara Thaler der APA. Die Anreise per Flugzeug in den Urlaub wollte sie indes nicht "verdammen".
Immer schwieriger, Mitarbeiter aus Ausland anzuziehen
"Es wird immer schwieriger, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus anderen Ländern anzuziehen", hält Thaler fest. Nicht zuletzt deshalb, weil die Nachbarländer Deutschland und die Schweiz "den Arbeitsmarkt für Menschen außerhalb der EU wesentlich vereinfacht" haben.
Quälerei: "Brauchen wir Kontingent bei Vollbeschäftigung?"
"Wenn wir das mittendrin als Österreich nicht machen, haben wir einen Standortnachteil", betont sie und fragt gleichzeitig: "Brauchen wir momentan im Tourismus überhaupt noch ein Kontingent-Instrument? Wir haben Vollbeschäftigung und die Betriebe brauchen dringend Mitarbeiter - und wir müssen uns durch Kontingentanträge quälen", ärgerte sich die WK-Präsidentin, die erst seit Kurzem im Amt ist.
Kontingent erst heuer auf 1.200 Stellen erhöht - aber 8.000 Stellen unbesetzt
Für den "Moment" gehöre das Instrument weg - auch wenn das Kontingent vom Bund heuer auf rund 1.200 massiv erhöht worden sei. Dies sei "richtig und gut" gewesen. Offenbar habe man sich in der Bundesregierung aber nicht zur Abschaffung durchringen können, übte sie Kritik gen Osten. Zuletzt hieß es von Branchenvertretern, dass zwischen 6.000 und 8.000 Stellen für die Wintersaison nicht besetzt werden können.
Thaler: "Wer arbeiten will, soll es dürfen - auch Asylwerber"
Prinzipiell vertritt Thaler die Meinung: "Wenn jemand arbeiten will, dann soll er bitte arbeiten dürfen." Hier war sie auf selber Linie wie ihr Vorgänger Christoph Walser, der aufgrund von Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung in seinem Transportunternehmen den Hut genommen hatte.
Auch Asylwerbende sollen laut Thaler arbeiten dürfen - wenngleich ihr bewusst sei, dass dies "juristisch nicht ganz einfach" sei - doch diese "Aufgabe liegt in Wien." Gleichzeitig müsse man beim Sozialsystem ansetzen und hinsichtlich Arbeitslosengeld, Mindestsicherung und Notstandshilfe mehr "Balance" hineinbringen - arbeiten zu gehen müsse sich jedenfalls lohnen.
Insgesamt werde das touristische Angebot im Land schlicht über "Angebot und Nachfrage" geregelt - auch wenn die Politik manchmal Grenzen ziehen müsse. Einen von Kritikern attestierten "Overtourism" konnte Thaler, die auch als Abgeordnete für die ÖVP im Europaparlament sitzt, aber nicht entdecken. Eine rückläufige Bettenanzahl bestätige dies, der Tourismus solle sich aber "qualitativ weiterentwickeln".
"Nur mit Fahrad von Hamburg nach Ischgl?"
Die EU-Parlamentarierin, deren Steckenpferd die Verkehrspolitik ist, glaubte indes daran, dass die Anreise nach Tirol - die Achillesferse in der CO2-Bilanz der Branche - künftig umweltfreundlicher vonstatten gehen werde. Sie wehrte sich gegen das "Verdammen von Flugreisen", denn es würden "ohnehin total wenige Flugzeuge in Innsbruck landen." "Irgendwann fliegen wir komplett ohne Kerosin und nur mehr mit synthetischen Treibstoffen", sah sie den Schlüssel zur Lösung der Problematik in "technischem Fortschritt und Forschung."
Es werde aber nicht funktionieren, "von heute auf morgen den Schalter umzulegen". Einerseits könne sich das die Industrie nicht leisten, andererseits will sich die Bevölkerung den Verzicht nicht vorschreiben lassen: "Ich brauche keinen Wissenschafter, der mir sagt, dass ich nur noch mit dem Fahrrad von Hamburg nach Ischgl auf Urlaub fahren darf."
Zur Person
Die 41-jährige Thaler war Anfang November nach dem überraschenden Rücktritt Walsers innerhalb kürzester Zeit vom Wirtschaftsbund als Nachfolgerin eingesetzt worden. Bis zur EU-Wahl im Juni will sie ihr Mandat in Brüssel behalten und dann nicht erneut antreten. Anfang kommenden Jahres steht im Wirtschaftsbund die routinemäßige Wahl des Landesobmanns bzw. der Landesobfrau an.
Wirtschaftslandesrat Mario Gerber hatte öffentlichwirksam für das Amt seinen Hut in den Ring geworfen, worüber sich der amtierende Wirtschaftsbund-Obmann Abg. Franz Hörl (beide ÖVP) nicht einverstanden zeigte. Auch Thaler war "kein Fan" dieser Vorgehensweise, wie sie nun sagte. Mitunter wurde die WK-Chefin selbst als künftige Landesobfrau gehandelt, dies wollte sie aber nicht kommentieren: Die Entscheidung werde in den Gremien fallen.