Türkei einigt sich mit Russland auf Gas-Transit
07.08.2009Russland und die Türkei haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf den Bau einer russischen Gaspipeline durch das Schwarze Meer geeinigt und damit Alternativplänen der EU in Form des Nabucco-Projekts einen herben Dämpfer verpasst. Die Türkei stimmte am Donnerstag (6. August) der Nutzung ihrer Hoheitsgewässer für die geplante South-Stream-Leitung von Russland nach Bulgarien zu.
Ein entsprechendes Abkommen sei von den Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin unterzeichnet worden, meldete die Agentur Interfax aus Ankara. Erst vor kurzem hatte die EU in Ankara ihr ehrgeiziges Nabucco-Projekt, an dem die OMV federführend beteiligt ist, vereinbart. Damit will sie unabhängiger von russischem Gas werden.
"Man sollte Nabucco und South Stream nicht als Konkurrenten betrachten, sondern als Vielfalt", sagte Erdogan sagte bei einer Pressekonferenz. "Nabucco wird in der Zukunft den Bedarf Europas nicht decken können."
Da der italienische ENI-Konzern an den South-Stream-Plänen beteiligt ist, reiste extra Regierungschef Silvio Berlusconi aus dem Urlaub zu Gesprächen mit Erdogan und Putin nach Ankara. Russland will durch die Pipeline, deren Bau im kommenden Jahr beginnen soll, unter Umgehung des wichtigen, aber umstrittenen Transitlandes Ukraine Gas nach Mitteleuropa pumpen. Zu Jahresbeginn hatte ein Gas-Streit zwischen Moskau und Kiew zu einem Lieferstopp von russischem Gas über die Ukraine nach Westen geführt.
Nach dem Konflikt hatte die EU verstärkt ihr Nabucco-Projekt vorangetrieben, das Gas von der Türkei nach Westeuropa liefern soll und in direkter Konkurrenz zur South-Stream-Pipeline steht. Allerdings warnten Kritiker des Projekts stets davor, dass für die Leitung nicht genügend Gas zur Verfügung stehen könnte. Putin und Erdogan vereinbarten zugleich eine Erhöhung der Gaslieferungen nach Westen.
Russisches AKW-Know-how für die Türkei
Insgesamt wurden am Donnerstag 20 Abkommen von russischer und türkischer Seite unterzeichnet. Bei den Konsultationen ging es auch um das geplante erste türkische Atomkraftwerk (AKW). Nach Angaben von Putin gewann die russische Firma Atomstroiexport zusammen mit einem türkischen Partner die Ausschreibung für den Bau von vier Reaktorblöcken in Akkuyu. Die etwa 15,5 Milliarden Euro teure Anlage könnte 2020 fertig sein, hieß es. Atomkraftgegner protestierten am Rande von Putins Besuch gegen das Projekt.
Die beiden Regierungschefs sprachen auch über die geplante Trans-Anatolien-Öl-Pipeline von Samsun am Schwarzen Meer nach Ceyhan am Mittelmeer. Hier werde eine Zusammenarbeit geprüft, hieß es. Russland hatte mehrfach betont, eine Pipeline vom bulgarischen Schwarzmeer-Ort Burgas zum griechischen Hafen Alexandroupolis sei wirtschaftlicher. Putin nannte die in Ankara getroffenen Vereinbarungen "Schlüsselprojekte".