Nach Referendum
Türkei-Urlaube brechen komplett ein
13.07.2017
Die Buchungsumsätze sind nochmals um 40 Prozent gesunken.
Bei Reiseveranstaltern wie TUI, Rewe Austria Touristik und Thomas Cook ist das einst so gut gebuchte Urlaubsland Türkei heuer im Sommer - ein Jahr nach dem Putsch - erneut das größte Sorgenkind. "Die Türkei ist noch einmal um fast 40 Prozent abgerutscht - wir sind jetzt bei 20 Prozent des Umsatzvolumens von vor zwei Jahren", sagte Rewe-Austria-Touristik-Chef Martin Fast im Gespräch mit der APA.
Minus 40 Prozent
Die verlorenen Buchungsumsätze sollen mit anderen Reisezielen wettgemacht werden. Eine Herausforderung, denn die Türkei war bei dem Anbieter 2016 noch die zweitbeliebteste Destination, mittlerweile rangiert sie nur noch auf Platz acht. Der Mangel an Nachfrage drückte die Hotelpreise in dem Land heuer im Sommer gegenüber dem Vorjahr um weitere 30 bis 40 Prozent.
Der (hinter der TUI) zweitgrößte österreichische Reiseveranstalter, zu dem die Marken ITS Billa Reisen und Jahn Reisen gehören, hat längst auf diesen Buchungseinbruch reagiert: "Es gibt keine Risikokapazitäten mehr, wir haben keine Flugsessel garantiert in die Türkei, sondern wir bedienen uns der Kapazitäten, die am Markt verfügbar sind", erklärte der Geschäftsführer. Heuer wurden also keine fixen Flugkapazitäten eingekauft; bei Bedarf wird fallweise gebucht. Vergangenes Jahr hatte die Rewe Austria Touristik noch drei bis vier Flieger, also 300 bis 400 Plätze, pro Woche ab Österreich in Richtung Türkei als Basis im Angebot. "Das haben wir abgestoßen, da haben wir uns auf nichts eingelassen", so der Unternehmenschef. "Das verderblichste Gut in der Branche ist der leere Flugsessel."
Was heuer den Angaben zufolge gut läuft, ist Griechenland. Die Destination rangiert bei der Rewe Austria Touristik unangefochten auf Platz eins. Die Flüchtlingsproblematik schlägt hier nicht mehr durch. "Natürlich verkauft sich Lesbos schlechter als Kreta und Rhodos", räumte Fast ein. Aber die Insel Kos sei heuer eine der 'bestperformenden' Inseln. Der Reiseveranstalter hat seine Flugkapazitäten nach Griechenland jedenfalls wieder aufgestockt. Bei den Hotels gebe es "Reserven", also noch ausreichend freie Betten.
Neue Destinationen
Viele Reisende buchen diesen Sommer auch verstärkt Urlaub in Spanien. "Da wollen alle hin - alle Quellmärkte und Veranstalter", umriss der Rewe-Austria-Touristik-Chef die scharfe Konkurrenz vonseiten anderer Reiseanbieter. Das wirkt sich auch auf die Preise aus. Die Hotelpreise dort seien gegenüber dem Vorjahr nochmals um 3 bis 5 Prozent gestiegen.
Eindeutig auf Erholungskurs steuern heuer auch die im vergangenen Sommer noch recht problematischen Urlaubsziele Ägypten und Tunesien. Die beiden Länder hätten sich in den vergangenen ein, zwei Monaten "extrem stark entwickelt", die Buchungen hätten sich gegenüber dem - extrem schwachen Sommer 2016 - "mehr als verdoppelt". Nach den massiven Einbrüchen in der Vergangenheit verzeichne die Rewe Austria Touristik hier Zuwächse von 130 bis 140 Prozent. "Wie nachhaltig das ist, wird der kommende Winter zeigen", ist Fast vorerst noch vorsichtig.
Jedenfalls seien die Flieger in Richtung Tunesien derzeit "bummvoll". "Wir fliegen mit einer Maschine pro Woche", berichtete der Unternehmenschef. Die Reisen sind billig. Es buchten vor allem preisbewusste Familien. Die Flugkapazitäten nach Ägypten habe der Reiseveranstalter heuer wieder aufgestockt, die Hotelkapazitäten hingegen nicht. Freie Betten gebe es in beiden genannten Ländern genug.
Alles in allem will die Rewe Austria Touristik den heurigen Sommer "mit zweistelligen Zuwächsen bei den Vertriebsumsätzen und den Gästezahlen" abschließen. Ein Plus von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr sollte drin sein, ist Fast zuversichtlich. Allerdings gab es im Vorjahr einen Rückgang in nahezu der gleichen Größenordnung. "Wir haben stark aufgeholt und mit 'Goodwill' werden wir das Niveau von 2015 fast wieder erreichen", relativierte der Geschäftsführer. Rund 85 Prozent der Buchungen für den Sommer seien bereits eingegangen.
Im vergangenen Geschäftsjahr 2015/16 (per Ende Oktober) waren die Umsätze bei der Rewe Austria Touristik vor allem wegen der Türkei-Krise unter dem Strich um gut 10 Prozent abgesackt, die Passagierzahlen waren um 9 Prozent gesunken. Auch Ägypten und Tunesien hatten mangels Buchungen Probleme bereitet.