Die italienische Großbank UniCredit, Mutter der Bank Austria, verzichtet nun offiziell auf Staatshilfe von Italien und Österreich und will stattdessen in den nächsten Monaten Milliarden von Altaktionären und Börse einsammeln. Zur Stärkung des Eigenkapitals soll eine Kapitalerhöhung von bis zu 4 Mrd. Euro dienen, davon sollten bis zu 2 Mrd. an die Bank Austria mit ihren Osteuropa-Aktivitäten gehen.
Das teilte UniCredit am 29. September nach der Aufsichtsratssitzung am Sitz der Gesellschaft in Mailand mit. Die Transaktion solle bis zum Ende des ersten Quartals 2010 abgeschlossen werden. Die Verhandlungen mit dem italienischen und dem österreichischen Finanzministerium über Kapitalmaßnahmen würden nicht fortgeführt, so die UniCredit.
Der Aufsichtsrat dankte zugleich der italienischen und österreichischen Regierung für ihre Aktionen zur Stabilisierung des Finanzsystems. "Sie haben die notwendigen Bedingungen zur Besorgung neuer Mittel auf den Kapitalmärkten geschaffen", hieß es in der Aussendung. UniCredit bestätigte ihren Willen, die Wirtschaft der Länder zu unterstützen, in denen die Bank aktiv ist. "Die Bank will weiterhin eine Kreditpolitik entwickeln, die den Bedürfnissen der Klein- und Mittelunternehmen sowie der Privatkunden immer näher ist".
Sonder-Hauptversammlung im November
Nachdem der UniCredit-Aufsichtsrat die Kapitalaufstockung genehmigt hat, soll Mitte November eine Sonder-Hauptversammlung einberufen werden. Diese wird den Aufsichtsrat beauftragen, die Modalitäten der Kapitalaufstockung, den Beginn der Operation, die Zahl der zu emittierenden Aktien und deren Preis zu bestimmen. Bank of America, Merrill Lynch und UniCredit Corporate & Investment Banking werden als Joint Global Coordinator und Joint Bookrunners eingesetzt werden. Credit Suisse, Goldman Sachs International, Mediobanca und UBS Investment Bank werden als Joint Bookrunners handeln.
Die Kapitalerhöhung lasse bei der UniCredit eine Anhebung der Tier 1 Ratio, der strengsten Eigenkapitalquote (ohne Hybridkapital) von zuletzt 6,85 Prozent im Juni 2009 auf 7,65 Prozent erwarten. Bei der Bank Austria würde die Kapitalspritze der Mutter die Eigenkapitalquote von 7,2 Prozent im Juni 2009 auf rund 8,8 Prozent verbessern. Für die Bank Austria sollen im Zuge der UniCredit-Kapitalerhöhung rund 1,5 bis 2 Mrd. Euro fließen, hieß es heute in Wien in Bank-Kreisen. In der Aussendung der italienischen Großbank ist von "bis zu 2 Mrd. Euro" die Rede, die angesichts der strategischen Bedeutung der Aktivitäten der Gruppe in Österreich und CEE die Kapitaldecke der Bank Austria stärken sollen.
Bankenpaket "war sicher kein Fehler"
In Wien betonte Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny, wie wichtig es war, dass andere Großbanken im Land in den vergangenen Monaten die staatlichen Eigenkapitalspritzen in Anspruch genommen haben. "Es war sicher kein Fehler", dass die anderen Großbanken - vor allem auch jene in österreichischem Eigentum - das staatliche österreichische Bankenpaket nutzten, so Nowotny vor Journalisten in der OeNB. Es sei in einer kritischen und sensiblen Situation darum gegangen, das Vertrauen in die Banken zu stärken, betonte Nowotny. Zwar sei das staatliche Bankenpaket jetzt nur zum Teil genutzt worden. Er wertet es als "Sicherheitselement, das uns sehr geholfen hat, diese Krise zu überwinden."
In Österreich war die Erste Group unter den ersten, die staatliche Eigenkapitalspritzen abgerufen haben. Erste-Bank-Chefin Elisabeth Bleyleben-Koren "tut es nicht leid", nicht gewartet zu haben bis sich die Börse wieder erholt. Im vierten Quartal 2008 und im ersten Quartal 2009 habe niemand vorhersagen können, wie lang der Kapitalmarkt ausgetrocknet sein würde.
Zugewinn von "echtem Kernkapital"
Im UniCredit-Konzern wird jetzt argumentiert, dass durch eine Kapitalerhöhung nun echtes Kernkapital gewonnen werde, das weder abgeschichtet noch durch regulatorische Änderungen ersetzt werden müsse. Bei der Aufnahme von staatlichem Partizipations-Kapital hätte ein Risiko bestanden, dass dieses nicht mehr zum Kernkapital gezählt werden würde. Offenbar wurde sehr genau auf die Ergebnisse des Pittsburgh-Gipfels der G-20 geachtet.
Auch UniCredit-Konkurrentin Intesa Sanpaolo hat nun offiziell beschlossen, auf Staatskapital zu verzichten. Dies wurde am 29. September nach der Aufsichtsratssitzung der italienischen Großbank mitgeteilt. Mit einer 1,5 Mrd. Euro schweren Kapitalerhöhung und dem Verkauf von Vermögenswerten soll die Kapitaldecke der Intesa gestärkt werden. Bisher haben in Italien vier Banken Anträge auf Staatshilfe in Form der "Tremonti Bonds" gestellt, Geld ist jedoch noch nicht geflossen.
Tremonti kritisiert UniCredit
Der italienische Wirtschaftsminister Giulio Tremonti hat am 30. September die UniCredit kritisiert, die offiziell auf Staatshilfe von Italien und Österreich zur Stärkung des Eigenkapitals verzichtet hat und im Jänner eine Kapitalerhöhung von bis zu 4 Mrd. Euro in die Wege leiten will. "Die Banken lehnen die Staatshilfen ab, weil sie den Unternehmen kein Geld geben wollen", wirft Tremonti dem Geldhaus vor. "Die italienische Regierung ist froh, wenn sie sich die Staatshilfen ersparen kann, das Problem ist aber, dass diese Gelder die Unternehmen unterstützen würden", sagte Tremonti im Gespräch mit Journalisten in Mailand.
Der Minister bestritt, dass die sogenannten "Tremonti-Bonds", Wandelanleihen ohne feste Laufzeit (Perpetual Bonds), die das Finanzministerium in Rom zur Stützung der Banken zeichnet und die diese bei einer Stabilisierung der Situation fällig stellen können, zu teuer seien, wie einige Bankiers behauptet hatten. "Zur Stärkung der Kapitaldecke sind sie nicht teuer. Sie sind auf dem Markt wettbewerbsfähig", meinte Tremonti.
"Ist es richtig, dass die Welt von Bankiers regiert wird?"
Der Wirtschaftsminister kritisierte, dass es für Banken wieder sehr günstig sei Geld nur mit Finanzgeschäften statt mit der Finanzierung der Realwirtschaft zu machen. "Ich frage mich, ob dies die Aufgabe einer Bank ist, denn jeder ist in der Lage, mit Finanzdeals Geld zu machen. Wenn die Banken weiterhin so ihr Geld machen, bahnt sich schon die nächste Krise an. Ist es richtig, dass die Welt von Bankiers regiert wird?", fragte Tremonti.
UniCredit hat inzwischen ein Portfolio aus 13 Luxusimmobilien im Wert von 574 Millionen Euro an den Fonds Ream Sgr vergeben. Die Gewinne für die Bank Austria-Mutter betragen 110 Millionen Euro, teilte die Bank am 30. September mit. Ream Sgr gehört der Stiftung CRT, die zu den Hauptaktionären UniCredits gehört. Derzeit beträgt UniCredits Immobilienwert 8,8 Milliarden Euro. 2010 plant das Geldhaus einen teilweisen Verkauf der Immobilien im Besitz der 2007 erworbenen römischen Bank Capitalia, teilte der Vize-Geschäftsführer UniCredits, Paolo Fiorentino, am 30. September in Mailand mit.