Signa-Krise
Darum hat Benko-Firma 12 Millionen Euro Umsatzsteuer nicht bezahlt
02.01.2024Der Streit um die Umsatzsteuerschulden und die Pfändung von Benkos Luxus-Villa in Innsbruck wird zur Polit-Affäre. Die Neos stellen dem Finanzminister 10 Fragen, die SPÖ will das Thema im U-Ausschuss.
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Das neue Jahr startete für Signa-Gründer René Benko wie das alte aufgehört hat. Mit einem neuen Paukenschlag in der größten Unternehmens-Insolvenz der 2. Republik. Bereits mehr als 11 Milliarden Euro Schulden stehen bei mehreren pleite gegangenen Signa-Firmen in den Büchern.
Jetzt hat die Republik Österreich Benkos privat genutzte Villa in Innsbruck gepfändet. Jahrelang wurde die Umsatzsteuer widerrechtlich nicht bezahlt, ist die Begründung. Die Schulden beim Finanzamt betragen mehr als 12 Millionen Euro. Nach einer Aufforderung konnte Benko die Summe nicht aufbringen, deshalb schritt die Republik zur Exekution.
Oberster Finanzanwalt der Republik: "Stunde der Transparenz"
Wie ist es überhaupt soweit gekommen, dass es Schulden bis ins Jahr 2016 gab? Damals wurde das Schlosshotel Igls von der gleichnamigen Gesellschaft gekauft, die großteils einer Benko-Privatstiftung gehört. Das damalige Hotel wurde abgerissen und auf dem mehrere tausend Quadratmeter großen Areal ein Luxusanwesen errichtet. Dort sollen Benko und seine Familie wohnen.
Den Ausschlag für die Steuer-Affäre gab eine Prüfung durch das Finanzamt im Vorjahr. Damals kamen die Prüfer zum Ergebnis, dass die Schlosshotel Igls GmbH zu Unrecht einen Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte. Ein Signa-Sprecher verweist darauf, dass dies die Finanzverwaltung der "einseitigen Ansicht" sei, dass die bereits erstatteten Vorsteuern zurückzuzahlen seien. Und weiter: Die GmbH habe im Rahmen der Errichtung des Neubaus "ordnungsgemäß Mehrwertsteuer auf Errichtungskosten abgeführt und im Rahmen der Vorsteuer vom Finanzamt Innsbruck ordnungsgemäß und richtigerweise rückerstattet bekommen."
Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur und damit der oberste Finanzanwalt der Republik, sieht das Finanzamt im Recht. Das Ergebnis der Steuerprüfung sei anzuerkennen, sagte er am Dienstagmittag im Mittagsjournal. Für Signa sei jetzt die "Stunde der Transparenz" gekommen.
SPÖ beklagt mögliche Begünstigung durch Finanzminister
Der Streit um Benkos zerbröselndes Immobilien-Imperium ist längst zu einer Polit-Affäre geworden. Jan Krainer (SPÖ) will die Umsatzsteuerschulden der Benko-Villa im U-Ausschuss thematisieren: „Der Untersuchungsausschuss wird mutmaßliche Begünstigung von Benko durch ÖVP-Finanzminister prüfen und die politische Verantwortung klären."
Im kommenden, von Rot-Blau eingesetztem U-Ausschuss gehe es darum, ob es "eine Zwei-Klassen-Verwaltung durch die ÖVP in den Ministerien zugunsten von Milliardären gegeben hat; dazu zählen auch die Steuerverfahren von Benko und ihm zuzurechnenden Firmen", sagt Krainer.
Finanzombudsmann Zmuegg: "Überraschend"
Im oe24-Interview nennt es Finanzombudsmann Gerald Zmuegg überraschend, dass Benko nicht die liquiden Mittel hatte, um die Forderung des Finanzamtes zu begleichen. Das sei ungewöhnlich, denn im Rahmen der Sonderprüfung ist ja herausgekommen, dass die Vorsteuer nicht hätte geltend gemacht werden dürfen. "Für diesen Fall muss man vorsorgen und etwas zur Seite legen", sagt Zmuegg im Gespräch.
Warum können die 12 Millionen Euro Umsatzsteuer nach der Prüfung zurückgefordert werden? Weil es etwa eine Privatnutzung gegeben hat. Die berechtigt dann nicht zum Abzug der Vorsteuer, wie dass bei einer betrieblichen Nutzung der Fall wäre.
"So eine Prüfung ist nicht ungewöhnlich", sagt Zmuegg. "Aber dafür muss man vorsorgen", so der Finanzexperte. Wenn die Zahlungsaufforderung des Finanzamts ignoriert wird oder eine mögliche Raten-Zahlung nicht eingehalten wird, erst dann kommt es zur Pfändung.
Neos: 10 Fragen an Brunner in Parlamentarischer Anfrage zu Signa-Millionenschulden
„Der Signa-Fall wirft mit jedem Tag mehr Fragen auf“, sagt Neos-Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer, nachdem die Benko-Villa in Tirol gepfändet wurde, weil eine seiner Gesellschaften offenbar über sieben Jahre hinweg zu wenig Umsatzsteuer bezahlt hat.
„Das ist doch unfassbar. Wie kann das sein, dass 12 Millionen an Umsatzsteuer nicht bezahlt werden?“, fragt Doppelbauer. Sie kündigt daher an, noch diese Woche eine Parlamentarische Anfrage zu der Causa einzubringen. Darin will sie von Finanzminister Brunner in zehn Fragen Antworten auf einige der entscheidenden Fragen.
"War der Finanzminister informiert?"
Zu den Fragen, die dringend aufgeklärt werden müssen, gehören: Wodurch ist die Abgabenschuld entstanden? Wer im Finanzministerium war für die Bearbeitung zuständig? Wer hat die Steuerstundungen genehmigt? War der Finanzminister informiert? War das Kabinett informiert? Gab es Weisungen in der Causa? Welche Schritte wurden unternommen, die Abgabenschuld einzutreiben? Mit welchem Schaden hat die Republik in dieser Causa zu rechnen? Und mit Blick auf die nächsten Schritte: Hat Bundesminister Brunner bereits eine interne Revision der Cause angeordnet?
NEOS fordern Verschärfung der Sanktionen bei Verstoß gegen Veröffentlichungspflicht
Weiter sagt Doppelbauer zur Signa-Krise: „Es geht vor allem um Transparenz. Jeder anständige Unternehmer hüpft zu Recht im Quadrat, wenn er erfährt, wie es sich manche offenbar zurechtbiegen können. Jedem anderen sitzt das Finanzamt sofort im Nacken, wenn es Ungereimtheiten bei der Umsatzsteuer gibt. Diese jüngsten Ereignisse zeigen, dass die Veröffentlichungspflicht dringend nachgeschärft werden muss. Zukünftig brauchen wir deutlich höhere Sanktionen bei Verstößen und bis dahin muss Finanzminister Brunner alles geben, um für eine lückenlose Aufklärung zu sorgen."
Das sagt das Finanzamt
Aus dem Finanzministerium heißt es gegenüber oe24, dass aufgrund der Abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht (§48a BAO) auf den konkreten Fall nicht eingegangen werden kann. Generell gelte aber, dass Unternehmen sich die Vorsteuer zurückholen können, wenn eine Liegenschaft gewerblich genützt wird. Wenn das Finanzamt im Zuge einer Prüfung meint, dass es sich nicht um eine gewerbliche Nutzung handelt, dann wird aus der abgezogenen Vorsteuer ein Umsatzsteuerschuld. Das kann auch einige Jahre später erfolgen.
"Besteht aus Sicht der Finanz die Gefahr, dass die Einbringlichkeit der USt-Schuld gefährdet sein könnte, dann ist es im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, dass auf die betroffene Liegenschaft eine Pfandrechtsvormerkung eingetragen wird. Im diskutierten Fall kann, das ist Medienberichten und dem Beschluss des Gerichtes zur Vormerkung des Pfandrechts zu entnehmen, davon ausgegangen werden, dass die Finanzverwaltung von sich aus bereits vor einiger Zeit aktiv wurde. Damit hat das Finanzamt seine Aufgaben im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gewissenhaft wahrgenommen", heißt es aus dem Finanzministerium.