Das Prämienvolumen stieg 2023 um 4 Prozent auf 3,4 Mrd. Euro. Schaden-/Unfallversicherung und Krankenversicherung waren Wachstumstreiber. 50 Mio. Euro fließen in Künstliche Intelligenz.
Die Wiener Städtische Versicherung hat 2023 ihr Prämienvolumen um 4 Prozent auf 3,4 Mrd. Euro gesteigert und 349,2 Mio. Euro vor Steuern verdient - um ein Drittel mehr als im Vorjahr. "Getragen war das Ganze stark von der Sachversicherung und von der Krankenversicherung", sagte Generaldirektor Ralph Müller. "Ein wenig überraschend gegen den allgemeinen Markttrend der letzten Jahre gab es auch ein Plus in der Lebensversicherung mit laufender Prämie."
Komplettanbieter sämtliche Versicherungsprodukte
Dafür gebe es mehrere Gründe. "Wir haben als Komplettanbieter sämtliche Versicherungsprodukte zur privaten Altersvorsorge im Angebot - also klassische geförderte Fondsgebundene, haben aber natürlich auch einen Beratungsfokus auf das Thema gelegt. Und man muss sagen, dass die Zinswende hier auch eine Rolle spielt, dass wir auch wieder eine attraktive Gesamtverzinsung bieten können mit 2,5 Prozent."
Bei den Lebensversicherungen mit laufenden Prämien gab ein Wachstum von 1,2 Prozent auf 1,1 Mrd. Euro. Mit rückläufigen Einmalerlagszahlungen lag das Gesamtvolumen bei 1,2 Mrd. Euro.
Wachstumstreiber
Wachstumstreiber bei den Prämieneinnahmen insgesamt waren die Schaden-/Unfallversicherung und die Krankenversicherung, die Prämieneinnahmen von 1,7 Mrd. Euro (+8,2 Prozent) bzw. 493 Mio. Euro (+7,8 Prozent) generierten - was im Bereich der allgemeinen Inflation liegt. "Das ist die Sparte, die am meisten von Automatismen in der Anpassung profitiert", erklärte Müller. "Bei einem schnellen Anstieg der Inflation dauert es bei uns ein bisschen länger, bis die Prämien auch nachziehen."
Die Anpassung werde einmal im Jahr pro Vertrag festgesetzt, aber dafür gebe es auch einen Nachzieheffekt. "Also wenn die Inflation abebbt, haben wir üblicherweise noch ein halbes Jahr länger eine etwas höhere Prämienanpassung."
2023 war das zweithöchste Schadensjahr bei Unwettern
2023 habe man auch das zweithöchste Schadensjahr bei Unwettern gehabt, sagte Müller. Die Klimakrise hinterlasse klare Spuren. Dass die Schadenssummen von Jahr zu Jahr steigen, sage allein noch nichts aus, räumte er ein - das sei aufgrund der Inflation zu erwarten.
"Aber in den Jahren 2020 bis 2014 hatten wir durchschnittliche Schadenshöhen unter 70 Mio. Euro aus Unwetterschäden per anno. Die sollten sich inflationsbereinigt auch mit den gestiegenen Werten irgendwo im Bereich 90 bis 100 Millionen per anno bewegen. Das wäre der erwartbare Normschaden. Im Jahr 2021 hatten wir 200 Millionen, im Jahr 2023 waren es 160 Millionen."
Unternehmen investiert in leistbare Wohnungen
Ein Schwerpunkt der Wiener Städtischen ist ihr Engagement im Bereich "leistbares Wohnen". Aktuell verfügt das Unternehmen über rund 2.700 leistbare Wohnungen, die für Menschen mit mittleren oder geringeren Einkommen erschwinglich sind. 70 Prozent davon befinden sich im Wiener Nordbahnviertel, wo bis Anfang 2025 noch weitere 850 Wohnungen entstehen sollen. In der Seestadt Aspern sind 150 Wohnungen geplant.
50 Mio. Euro für KI
Darüber hinaus investiert die Wiener Städtische in den nächsten drei Jahren 50 Mio. Euro in Künstliche Intelligenz (KI), um ihre Dienstleistungen zu digitalisieren und zu optimieren. Zusammen mit Google und Nagarro werden innovative Anwendungen entwickelt, darunter die "losleben-App", die bereits über 70 Prozent der Rechnungen für Arzt- und Apothekenleistungen automatisch verarbeitet.
Schadensmeldungen nach Unwettern könnten mit Hilfe der KI bis zur Überweisung aufs Konto des Versicherten ohne menschliches Zutun abgewickelt werden - nur bei Auffälligkeiten müssten sich Menschen den Fall noch einmal ansehen.
Reform des Penssionssystems wichtig
Ein besonderes Anliegen sei ihm eine Reform des Pensionssystems, sagte Müller, sonst würden die Lasten um eine oder zwei Generation nach hinten verschoben werden. Er wäre "absolut sinnvoll, ergänzend zur ersten Säule auch die private Altersvorsorge aufzubauen." Das müsse nicht unbedingt eine Lebensversicherung sein, "aber die Lebensversicherung hat halt als einziges Produkt den Vorteil, diese lebenslange Verrentung zu garantieren." Das sei wichtig, weil die eigene Lebenserwartung von den Menschen regelmäßig unterschätzt werde.
Dabei sei nicht von einer verpflichtenden privaten Altersvorsorge die Rede, sagte Müller. Aber es gebe seit vielen Jahren eine Versicherungssteuer von 4 Prozent bei der Lebensversicherung. "Wenn man als Signal diesen Wert halbieren würde, das wäre schon einmal ein ganz wesentlicher Punkt." Von der Politik würde er aber im Hinblick auf eine Förderung der privaten Altersvorsorge in dieser Legislaturperiode nichts mehr erwarten, sagte der Städtische-Chef.
Die Wiener Städtische Versicherung ist die größte Einzelgesellschaft der Vienna Insurance Group AG. Sie hat neun Landesdirektionen und beschäftigt in 125 Geschäftsstellen rund 4.000 Leute.