Milliarden gespart?

US-Senat nimmt Apple-Boss auseinader

22.05.2013

Laut Tim Cook ist der IT-Konzern nicht auf Steuertricks angewiesen.

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© AFP
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Dieser Termin dürfte zu den ungemütlichen für Apple-Chef Tim Cook gezählt haben. Ein Ausschuss des US-Senats hatte ihn am Dienstag nach Washington zitiert. Einer der mächtigsten Konzernlenker des Landes stand in Raum 106 des Dirksen-Gebäudes einer Handvoll Senatoren Rede und Antwort zum Steuergebaren seiner Firma. Mit steinerner Miene beantwortete Cook die Fragen und verteidigte sich gegen die Kritik, wonach Apple mehrere Tochterfirmen in Irland nutzt, um so Milliarden an Steuerzahlungen zu umgehen. Es prallten Welten aufeinander: Einige der Politiker beharrten darauf, dass der Konzern den Staat um seinen fairen Anteil an den Verkaufserfolgen von iPhone und iPad bringe.

"Wir sind stolz darauf, ein amerikanisches Unternehmen zu sein und unseren Beitrag zur Gesellschaft zu leisten", sagte Cook. "Wir sind nicht auf Steuertricks angewiesen." Allein im vergangenen Jahr habe Apple fast 6 Mrd. Dollar (4,67 Mrd. Euro) an die Regierung in Washington gezahlt. "Wir bunkern unser Geld nicht auf einer Karibikinsel", sagte der Manager in der Anhörung vor dem Ausschuss. Apple sei der größte Steuerzahler unter allen US-Unternehmen, wiederholte er frühere Aussagen. Er räumte aber auch ein, dass 70 Prozent der Geldreserven im Ausland lägen. "Wir nutzen das Geld, um unser Auslandsgeschäft zu betreiben." Es sei zu teuer, das Geld bei einem Steuersatz von 35 Prozent in die USA zu holen. "Unser Steuersystem benachteiligt uns gegenüber unseren ausländischen Konkurrenten."

Geisterfirmen
"Apple hat dafür gesorgt, dass Geisterfirmen nirgendwo Steuern zahlen müssen", sagte der demokratische Ausschussvorsitzende Carl Levin. Das Unternehmen bringe den Staat um Geld, "mit dem wir unsere Kinder unterrichten und unsere Sicherheit bezahlen können". Sein schon am Vortag geäußerter Vorwurf: Apple suche den "Heiligen Gral des Steuersparens" mit seinem internationalen Firmengeflecht.

Die Senatoren untermauerten ihre Vorwürfe mit einem Dossier: Auf 40 dicht beschriebenen Seiten führten sie auf, wie Apple sich mit Hilfe eines komplexen internationalen Firmengeflechts ums Steuerzahlen gedrückt habe. Im Zentrum stehen dabei irische Tochtergesellschaften, über die Apple einen großen Teil seiner Verkäufe außerhalb der Heimat abwickelt. Bei einer bestimmten irischen Tochterfirma habe es Apple sogar geschafft, so gut wie gar keine Steuern zu zahlen, warf der Bericht dem Unternehmen vor. Der Kniff: Die Tochtergesellschaft sitzt zwar in Irland, wird aber von den USA aus geführt. So fühlt sich in Sachen Steuern keines der beiden Länder zuständig. Mit den Tricks habe Apple dem US-Fiskus in den vergangenen vier Jahren Dutzende von Milliarden Dollar an zu versteuernden Einkünften vorenthalten, rechneten die Senatoren vor.

Cook wehrte sich im Zeugenstand mit steinerner Miene, wobei ihm der Ausschussvorsitzende Levin mehrfach über den Mund fuhr und am Ende das Wort ganz abschnitt. Cook versicherte: Apple habe "alle nötigen Steuern gezahlt". Das gelte für die USA wie fürs Ausland. "Ich bin stolz darauf, Apple zu repräsentieren."

Schlupflöcher genutzt

Auch die US-Senatoren mussten einräumen, dass Apple letztlich nur vorhandene und damit von der Politik verschuldete Schlupflöcher genutzt habe. "Wir sollten unseren Job tun", mahnte Senator Rand Paul an seine eigenen Kollegen gerichtet. Dagegen solle man Apple nicht weiter piesacken. "Sagen Sie mir, was Apple Illegales getan hat."

Apple reizt laut Cook die legalen Möglichkeiten des Steuersparens nicht einmal aus: "Apple hält kein Geld auf einer Insel in der Karibik, hat kein Konto auf den Cayman Islands." Für Apple könnte sogar gefährlich sein, die Schlupflöcher nicht zu nutzen, denn damit hätte der Konzern im harten Wettbewerb einen Nachteil. Oder wie es ein Apple-Anteilseigner auf Twitter formulierte: "Wenn sie diese naheliegenden und von allen anderen Firmen geteilten Schritte nicht machten, dann würden die Aktionäre Klage einreichen."

Erfolgsstory
Apple hat vor allem durch den Erfolg von iPhone und iPad einen Geldberg von 145 Mrd. Dollar angehäuft. Gut 100 Milliarden davon lagern außerhalb der USA. "Wir nutzen das Geld, um unser Auslandsgeschäft zu betreiben", sagte Cook. Es sei außerdem zu teuer, das Geld bei einem Steuersatz von 35 Prozent in die USA zu holen. "Unser Steuersystem benachteiligt uns gegenüber unseren ausländischen Konkurrenten."

Die Debatte um Apples Steuern war entbrannt, nachdem sich der Konzern jüngst für Zahlungen an seine Aktionäre 17 Mrd. Dollar am Kapitalmarkt lieh, was bei den derzeitigen Zinssätzen billiger kam als das Geld aus dem Ausland zu holen. Cook versicherte aber, er sei "nicht vor dieses Komitee gezerrt worden". Er sage den Leuten einfach gerne selbst, was bei Apple vor sich gehe.

Steuerexperte pro Apple

Ein ebenfalls geladener Steuerexperte nahm Apple teilweise in Schutz. "Was Apple getan hat, geschah im Rahmen der aktuellen internationalen Steuergesetze", sagte J. Richard Harvey von der Villanova University. Andere Konzerne würden noch mehr Einnahmen zwischen ihren Tochtergesellschaften verschieben. "Man könnte also sagen: Apple ist nicht so aggressiv wie andere."

Er zweifelte allerdings die Aussage an, dass der Konzern keine Steuertricks nutze. "Ich bin vom Stuhl gefallen, als ich das gelesen habe", sagte Harvey. Auch der zweite von dem Ausschuss geladene Steuerexperte, Stephen Shau von der Harvard Law School, erklärte: "Apple macht in Sachen Steuern vollen Gebrauch von Schlupflöchern." Die Gesetze seien einfach zu lasch.

Irland wehrt sich
Die Regierung in Dublin wies Vorwürfe zurück, für die niedrigen Steuersätze der irischen Apple-Firmen verantwortlich zu sein. "Das hat nichts mit dem irischen Steuersystem zu tun", sagte Außenminister Eamon Gilmore am Dienstag am Rande eines Ministertreffens in Brüssel. "Das sind Fragen, die mit dem Besteuerungssystem in anderen Rechtssystemen zu tun haben. Und das ist eine Frage, die in diesen Rechtssystemen gelöst werden muss." Das irische Steuersystem sei sehr transparent und sehr klar.

Auf Ebene der Industrieländer mit ihren Organisationen G-20 und OECD laufen seit geraumer Zeit Bemühungen, das Steuersystem der weltweiten Verflechtung großer Konzerne anzupassen.

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