Das Unternehmen will ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren anmelden. Für eine erfolgreiche Reduktion der Schuldenlast braucht es allerdings 100 Mio. Euro frisches Kapital.
Der Batteriehersteller Varta, der mehrheitlich dem österreichischen Investor Michael Tojner gehört, will mit einem radikalen Schnitt finanziell wieder festen Boden unter den Füßen bekommen. Das angeschlagene Unternehmen aus Ellwangen will in Kürze - voraussichtlich am Montag - beim Amtsgericht Stuttgart ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren anmelden, wie Varta am Sonntagabend mitteilte.
Die fast 500 Millionen Euro schwere Schuldenlast müsse deutlich reduziert werden, dazu sei frisches Kapital von knapp 100 Millionen Euro nötig, sagte der als Sanierer an Bord geholte Vorstandschef Michael Ostermann. Einer von zwei konkurrierenden Vorschlägen sei eine gemeinsame Kapitalspritze des bisherigen Großaktionärs Tojner sowie des Sportwagenbauers und Varta-Kunden Porsche. Der andere komme von den Gläubigern.
Welche der beiden Lösungen zum Tragen komme, sei noch offen, sagte Ostermann, der im Mai zu Varta gekommen war. "Am Ende ist mir wichtig, dass wir eine gute Lösung für die Varta haben."
Die bisherigen Aktionäre würden in beiden Fällen leer ausgehen. Denn beide der Gesellschaft vorliegenden Restrukturierungsvorschläge sehen eine vereinfachte Herabsetzung des Grundkapitals der Gesellschaft auf Null Euro verbunden mit einer anschließenden Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss und unter Ausgabe neuer Aktien vor. Am Freitag waren die Anteile der Aktionäre noch 440 Millionen Euro wert.
"Ich bin angetreten, die Varta zu retten. Das ist mir eine Herzensangelegenheit." Ohne eine Reduzierung der Schulden könne Varta nicht angemessen investieren, erklärte Ostermann. "Ziel ist ein Schuldenschnitt." Doch dabei müssen die Banken und die Hedgefonds mitspielen, die sich in einen Konsortialkredit über 235 Millionen Euro eingekauft haben. 250 Millionen Euro hat sich Varta mit Schuldscheindarlehen geliehen.
Eine hohe zweistellige Millionen-Kapitalspritze sei die Voraussetzung dafür, dass das Unternehmen von den Gutachtern eine positive Fortführungsprognose bekomme, sagte Ostermann. Diese wiederum ist die Basis, um eine Insolvenz zu vermeiden. Tojner, der gut 50 Prozent der Varta-Anteile hält, würde gut die Hälfte dazu beisteuern und damit die Mehrheit behalten, der Rest könnte von Porsche kommen. Damit wäre Varta bis 2027 durchfinanziert.
"Wir können bestätigen, dass Porsche in Verhandlungen (mit Varta) steht", sagte ein Sprecher des Sportwagenbauers. Der Volkswagen-Tochter geht es vor allem um die großen Lithium-Ionen-Batteriezellen, die im nächsten Porsche 911 GTS verwendet werden sollen. "Das Ziel unseres Engagements wäre, diese Schlüsseltechnologie am Standort Deutschland zu erhalten." Porsche hatte signalisiert, die Mehrheit an der Varta-Tochter V4Drive zu übernehmen, die die Auto-Batterien herstellt. Doch das allein reicht offenbar nicht aus. "Unter bestimmten Umständen könnten wir uns daher vorstellen, uns auch an einer finanziellen Neuaufstellung der Varta AG insgesamt zu beteiligen", erklärte der Autobauer. Die Gespräche dazu liefen aber noch.
Grund für die Schieflage sind laut Ostermann Investitionen aus den Jahren 2021 und 2022, die sich bisher nicht ausgezahlt hätten - in die großen Lithium-Ionen-Batterien, aber auch in die Mini-Akkus für Kopfhörer. V4Drive war der große Hoffnungsträger für Varta, entpuppte sich aber als Belastung. Mangels Aufträgen legte das Unternehmen den Bau einer Fabrik für große Lithium-Ionen-Batterien auf Eis.
Einen Jahresabschluss für 2023 hat das Unternehmen bisher nicht vorgelegt - wegen eines Cyber-Angriffs im Frühjahr, aber auch wegen der unsicheren Zukunft. Bis das Sanierungskonzept umgesetzt sei, werde es mindestens bis in die zweite Augusthälfte dauern, erklärte Varta.
Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) gibt es seit drei Jahren in Deutschland. Mit diesen Verfahren soll verhindert werden, dass ein operativ lebensfähiges Unternehmen in die Pleite rutscht. Dabei kann der Widerstand einzelner Gläubiger, aber auch der Aktionäre ausgehebelt werden. Auf diesem Weg hatte sich im vergangenen Jahr der Nürnberger Autozulieferer Leoni saniert. Auch dort verloren die Aktionäre alles, was auf heftige Kritik von Anlegerschützern stieß.