Die Netztochter des Verbund, APG, will in den nächsten elf Jahren eine Mrd. Euro in den Ausbau von Höchstspannungsleitungen stecken. Der angedachte 380-kV-Ring ist Voraussetzung für einen Gutteil des geplanten Kraftwerksausbaus: Er soll höhere Versorgungssicherheit bringen, "grünen" Windstrom in alpine Pumpspeicher-Kraftwerke fließen lassen und dämpfend auf das Strompreis-Niveau wirken.
Die Pläne umfassen Leitungsausbauten bzw. -verstärkungen im Großraum Wien, an der Donauachse und in Salzburg und Kärnten. Außerhalb des geplanten 380-kV-"Österreichrings" soll auch in Tirol ausgebaut werden. Insgesamt geht es um mehr als 550 km Leitungen, zum Teil auf bereits bestehenden Trassen.
Jeder der bisherigen Ausbauschritte war bisher von lokalen Bürgerprotesten und langjährigen Verzögerungen begleitet - in der Steiermark dauerte der Bau der 380-kV-Leitung letztlich 30 Jahre. Erst Ende Juni 2009 war dort nach einjähriger Bauzeit die Ringleitung geschlossen worden. Ähnlich umstritten ist die Salzburgleitung. Dort starten gerade die Arbeiten am ersten Bauabschnitt, für den zweiten Teil wurde noch kein Genehmigungsverfahren eingeleitet.
Widerstand erwartet
Verbund-APG-Vorstand Heinz Kaupa meinte, er rechne mit Widerstand "eigentlich bei fast allen" Projekten. Der Ausbau der Höchstspannungsinfrastruktur sei aber dringend notwendig, um Blackouts zu vermeiden: "Die sind nämlich ein sehr teures Vergnügen". In den vergangenen Jahren sei man zweimal sehr knapp an großflächigeren Zusammenbrüchen vorbeigeschrammt. Die Verbrauchsrückgänge durch die Wirtschaftskrise sind für Kaupa nur eine "Atempause".
Der für die APG zuständige Verbund-Vorstand Christian Kern sagte, er erwarte sich speziell von den Landespolitikern Rückendeckung: "Ohne politisches Comitment auf Länderebene werden wir diese Projekte letztlich nicht durchführen können." In Kärnten werde der Ausbau aktuell "verschleppt", in Salzburg mit gesetzlichen Mitteln "verhindert".
Den Planungen liegt die Annahme eines ein- bzw. zweiprozentigen Verbrauchswachstums während der nächsten elf Jahre, eines massiven Ausbaus der erneuerbaren Energien (Wind) und eines stark europäisierten Strommarkts zugrunde. Die Pumpspeicherkraftwerke in Kärnten, Salzburg und Tirol, die massiv ausgebaut werden sollen, sollen künftig mit billiger Energie aus dem EU-Raum Strom speichern. Auch zusätzliche Windräder im Burgenland hätten nur dann Sinn, wenn der gewonnene Strom in eine überregionale Stromautobahn eingespeichert werden kann.
"Grenzübergänge" gegen "Flaschenhälse"
Dazu sollen die "Grenzübergänge" zu Deutschland und Italien ausgebaut werden, um kostentreibende "Flaschenhälse" zu vermeiden. Sollte der bisher von Engpassmanagement/Auktionierung verschonte Übergang nach Deutschland verstopft werden, hätte dies pro Jahr rund 500 bis 600 Mio. Euro höhere Strompreise für die Verbraucher zur Folge, schätzte Kern. Der Verbund wolle das Netz nicht aus Profitstreben ausbauen sondern um seinem Auftrag zur Versorgungssicherheit nachzukommen. Mit den vom Regulator zugestandenen Kosten seien keine Gewinne zu machen.
Dort, wo die notwendigen hochrangigen Anschlüsse der geplanten Kraftwerke nicht zustande kommen, werden auch die Projekte nicht umgesetzt, sagte Kern - "das ist ein klarer Fall". Das sei keine Drohung, sondern beruhe auf ökonomischen Überlegungen. Bis 2020 sollen neue Pumpspeicherkraftwerke um bis zu 5.000 MW, weitere thermische Kraftwerke von 4.600 MW und zusätzliche Windkapazität von 700 MW entstehen.