Euro-Kurserholung hält sich im Rahmen - Probleme werden am Verhandlungstisch gelöst - Schutzmaßnahmen kleinerer Staaten sind kein Zeichen für Währungskrieg.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann tut es, der britische Notenbankchef Mervyn King tut es und die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff tut es schon lange: Sie alle warnen vor einem Währungskrieg. So weit wird es aber Experten zufolge nicht kommen, selbst wenn die Zentralbanken der USA, Japans und Großbritanniens die Märkte weiterhin mit Geld fluten.
"Die aggressive Geldpolitik einiger Notenbanken hat zwar das Potenzial, zu Verwerfungen zu führen", sagt Folker Hellmeyer, Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank. "Der Begriff Währungskrieg ist allerdings unangemessen." Auch sein Kollege Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus mahnt zur Besonnenheit. "Die Kurs-Relationen bewegen sich noch im Rahmen der Handelsspannen der vergangenen Jahre. Was die meisten Beobachter beunruhigt, ist die Dynamik der Bewegung und die Volatilität." Beides werde sich aber voraussichtlich abschwächen.
In den vergangenen sechs Monaten legte der Euro zum US-Dollar und zum Pfund Sterling jeweils um rund zehn Prozent zu. Mit knapp 1,36 Dollar und 0,86 Pfund liegt er dabei aber auf dem Niveau von Ende 2011. Zum Yen summiert sich das Plus des vergangenen halben Jahres zwar auf 30 Prozent, von neuen Rekordhochs ist der Euro aber meilenweit entfernt. Für BremerLB-Volkswirt Hellmeyer ist dies lediglich eine Normalisierung der teilweise überzogenen vorangegangenen Wechselkurse. "Die bisherige Aufwertung des Euro ist nicht prekär."
Commerzbank-Analyst Lutz Karpowitz weist auf einen weiteren Punkt hin, der gegen die Theorie eines heraufziehenden Währungskrieges spricht. "Bislang ist kein unkooperatives Verhalten der Staaten zu beobachten." HSBC-Trinkaus-Chefvolkswirt Schilbe betont jedoch: "Man wird sehr genau hinschauen, dass nichts aus dem Ruder läuft." Sollte es Anzeichen hierfür geben, dürften sich die Staaten auf rhetorische Eingriffe beschränken und versuchen, zum Beispiel im Rahmen der G-20 zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Darauf setzt auch Analyst Karpowitz - denn: "Im Währungskrieg gibt es keine Sieger." Derzeit sei aber noch alles friedlich, betont Minori Uchida, Chef-Devisenstratege der Bank of Tokyo-Mitsubishi UFJ. "Auf dem G-20-Finanzministertreffen in der nächsten Woche werden die Wechselkurse kaum diskutiert werden."
Kleineren Staaten bereitet die Geldschwemme der Federal Reserve Bank der USA, der Bank of England und der Bank of Japan allerdings einiges Kopfzerbrechen. Sie müssen ihre Schutzdeiche erhöhen, um den Zufluss des sogenannten "Hot Money" zu verhindern. Darunter verstehen Börsianer Geschäfte spekulativ orientierter Anleger, die sich Dollar, Yen oder Pfund zu Mini-Zinsen leihen und auf der Suche nach Rendite mal in diesem, mal in jenem Land investieren. Dies birgt die Gefahr großer und vor allem kurzfristiger Kursveränderungen, auf die die einheimischen Unternehmen nicht schnell genug reagieren können.
So denkt beispielsweise Südkorea über eine Finanztransaktionssteuer nach. Ähnliche Überlegungen gibt es in Thailand, nachdem der Baht vor zwei Wochen auf ein 17-Monats-Hoch geklettert war. Costa Rica ist schon einen Schritt weiter: Das dortige Parlament berät über einen Gesetzentwurf, mit dem ausländische Investitionen deutlich höher besteuert werden.
Kolumbien senkte vergangene Woche seinen Leitzins um 25 Basispunkte auf vier Prozent. Selbst die mexikanische Zentralbank - bisher Interventionen eher abgeneigt - denkt über einen solchen Schritt nach. Peru kaufte zur Schwächung der eigenen Währung im vergangenen Jahr 13,9 Mrd. Dollar (10,27 Mrd. Euro) auf - so viel wie nie zuvor. Chile will ebenfalls mit Dollar-Käufen eine weitere Aufwertung des Peso verhindern.
Den Beginn eines Währungskriegs sieht HSBC-Volkswirt Schilbe in alledem nicht. "Das ist zwar ordnungspolitisch unschön, allerdings haben kleinere Länder kaum andere Steuerungsmöglichkeiten." Für die Europäische Zentralbank (EZB) komme keine dieser Maßnahmen infrage. Schilbe betrachtet die Erholung des Eurokurses positiv: "Die Aufwertung ist ein Vertrauensbeweis für die Politik der EZB und auch für die Reform-Anstrengungen in Europa."