Euro-Zone
Welche Folgen die Zinswende hat
06.04.2011
Portugal könnte die anstehende Erhöhung der EZB besonders hart treffen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) läutet das Ende der Phase des extrem billigen Geldes ein. Für Donnerstag hat sie die erste Zinserhöhung seit knapp drei Jahren signalisiert. Die Zinswende wird die Euro-Krisenländer unterschiedlich hart treffen. Ein Überblick:
Portugal
Portugiesische Häuslbauer dürfte die Zinswende schwer treffen. Der Grund: 99 Prozent der Hypothekenkredite haben nur eine Laufzeit von maximal zwölf Monaten. "Damit schlägt sich eine Veränderung des Leitzinses schnell und unmittelbar in einer Verteuerung von Wohnimmobilienkrediten nieder", sagt UniCredit-Analyst Andreas Rees. Das kostet Kaufkraft, was das exportschwache Portugal schwer treffen dürfte. Steigt der Leitzins bis Jahresende wie von vielen Experten erwartet auf 1,75 Prozent, dann dürfte das die Wirtschaft etwa einen halben Prozentpunkt Wachstum kosten.
Portugal wäre aber auch noch auf einem anderen Weg von steigenden Zinsen betroffen: Schlüpft das Land unter den Euro-Rettungsschirm, dann richtet sich der Zinssatz für die Milliarden-Hilfe an den Marktzinsen aus - und diese klettern bei steigenden Leitzinsen.
Irland
Das Land, das Ende 2010 unter den Euro-Rettungsschirm geflüchtet ist, wird nach dem oben beschriebenen Szenario von der Zinserhöhung direkt betroffen sein. Die neue Regierung unter Ministerpräsident Enda Kenny darf jedoch bei den Zinskonditionen auf ein Entgegenkommen von EZB und EU beim Strafaufschlag hoffen. Das Land wird somit wie bereits das ebenfalls vor der Pleite bewahrte Griechenland künftig womöglich weniger Zinsen für seine Kredite zahlen. Im Gegenzug müsste sich Irland wohl bei der Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer bewegen.
Auch die Refinanzierung der zum großen Teil verstaatlichten irischen Banken dürfte sich verteuern, da sie praktisch am Tropf der EZB hängen.
Griechenland
Hier nahm die Schuldenkrise ihren Anfang, hier ist die Rezession tiefer als in anderen Krisenländern. Trotzdem dürften moderate Zinserhöhungen der Wirtschaft kaum zusetzen. Um weniger als ein zehntel Prozentpunkt dürfte das Bruttoinlandsprodukt gedrückt werden, wenn die EZB die Zinsen bis auf 1,75 Prozent anhebt, rechneten die Analysten von UniCredit aus. "Das ist zu verschmerzen", sagt auch Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel.
Spanien
Das Land hat wegen seiner Konsolidierungsanstrengungen in jüngster Zeit an den Kapitalmärkten verlorenes Vertrauen zurückgewonnen. Es gilt im Gegensatz zum Nachbarn Portugal nicht mehr als Kandidat für den Rettungsschirm. Dennoch dürfte Spanien beim Schuldendienst eine Zinserhöhung schon bald zu spüren bekommen, da sich die Regierung in jüngster Zeit bei der Refinanzierung am Kapitalmarkt stärker auf Geldmarktpapiere mit kürzerer Laufzeit stützt. "Die Frage ist, wie sich die Risikoaufschläge entwickeln. Dies hängt nicht unmittelbar mit der EZB-Zinserhöhung zusammen", meint Rieke.
Italien
Italien war in der Wirtschaftskrise stark betroffen und kommt bei der Erholung nur langsam voran. Zudem ist der Schuldenberg sehr groß. Er dürfte nach einer Schätzung der WestLB 2010 bei 120 Prozent der Wirtschaftskraft gelegen haben und in diesem Jahr auf 125 Prozent steigen. "Aber das ist immer noch nicht genug", betont der Analyst. Er bezeichnete den EZB-Leitzins als Maß für die kurzlaufenden Staatsanleihen. "Eine Zinserhöhung wird die Refinanzierung am kurzen Ende verteuern." Wegen des hohen Schuldenstandes sei auch das Refinanzierungsvolumen groß. "Das trifft Italien, wenn auch geringer als manches andere Euro-Land."
Belgien
Belgien steht in der Schuldenkrise derzeit vergleichsweise gut da, allerdings sind die Finanzmärkte in Sorge wegen der Regierungskrise. Seit den Parlamentswahlen im Juni 2010 ist das Königreich ohne Führung. Die Ratingagentur Standard & Poor's drohte bereits mit einer Herabstufung der Bonitätsnote, sollte bis Juni keine neue Regierung gefunden werden. Bisher habe der Staat trotz etwas anziehender Zinsen bei der Refinanzierung kaum Probleme gehabt, betont Analyst Philippe Ledent von der ING Bank in Brüssel. Eine EZB-Zinserhöhung dürfte keine allzu großen Auswirkungen haben, da die kurzfristige Verschuldung nicht so groß sei wie die langfristige. "Die Folgen wären sehr begrenzt."