Die Betriebsratsspitze von Siemens fürchtet im neuen Geschäftsjahr einen weitreichenden Stellenabbau. Wenn man die vielen kleinen Maßnahmen zusammenrechne, dürfte am Ende eine große Zahl herauskommen, sagte die stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende Birgit Steinborn der Tageszeitung "Die Welt". Die Schätzung von Analysten, dass Siemens insgesamt noch einmal weltweit 10.000 Stellen abbauen werde, könnte sich als gar nicht so abwegig herausstellen, sagte sie.
Eine Unternehmenssprecherin wollte sich dazu am 5. November nicht näher äußern, verwies aber auf Aussagen von Siemens-Chef Peter Löscher, der erst Ende Oktober Spekulationen um einen erneuten und großangelegten Stellenabbau entgegengetreten war. Siemens werde zwar in der Krise Stellen streichen müssen in einigen Sparten und an einigen Standorten, sagte Löscher in einem Interview, betonte aber zugleich: "Es geht nicht um ein weiteres konzernweites Programm."
Bei dem Konzern sind weltweit 409.000 Menschen beschäftigt, davon 128.000 in Deutschland. Wenn es aufgrund der Krise Auftragseinbrüche von etwa 40 Prozent gebe, dann werde die Firmenleitung Stellenstreichungen vornehmen, sagte der Gesamtbetriebsratschef Lothar Adler der Zeitung. Auch bei der IG Metall waren zuletzt Sorgen um einen möglichen weiteren Stellenabbau gewachsen.
Bisher hatte Siemens die weltweite Wirtschaftskrise vor allem im Industriegeschäft zu spüren bekommen und hier vor allem bei der Industrieautomatisierung, der Antriebstechnik und bei der Licht-Tochter Osram. Der Auftragseingang des Konzerns war zwischen April und Juni um 28 Prozent eingebrochen, auch der Umsatz war erstmals seit Ausbruch der Krise rückläufig. Die Bilanz für das am 30. September abgelaufene Geschäftsjahr 2008/09 legt der Konzern am 3. Dezember vor.
Vorstandgehälter stehen zur Abstimmung
Gleichzeitig hat sich Siemens nach Angaben von Aktionärsschützern als deutschlandweit erstes Unternehmen bereiterklärt, ein Aktionärsvotum zu den Vorstandsbezügen einzuholen. Siemens habe signalisiert, sich einem solchen Votum auf der nächsten Hauptversammlung im Jänner 2010 zu stellen, teilte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) mit. "Wir freuen uns über die positive Resonanz. Siemens macht deutlich, dass das Unternehmen heute ein Vorbild in Sachen Corporate Governance ist", erklärte DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker.
Erstmals in Deutschland könnten Siemens-Aktionäre damit bei dem Jahrestreffen über die Höhe und die Struktur der Bezüge für das Top-Management einen konsultativen Beschluss fassen, erläuterte die DSW. "Bindend ist dieses Votum für das Unternehmen nicht", räumte Hocker ein, das Votum der Eigentümer biete aber "eine außerordentlich hohe Symbolkraft". Neben Siemens hatte die DSW exemplarisch auch drei andere Unternehmen mit frühen Hauptversammlungsterminen aufgefordert, einen solchen Aktionärsbeschluss herbeizuführen, nämlich ThyssenKrupp, Infineon und WincorNixdorf.