Die Übermittlung europäischer Bankdaten an die USA ist nach Ansicht des schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten Thilo Weichert mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. "Das wäre absolut verfassungswidrig", sagte Weichert in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Ich kann mir nicht vorstellen, wie dieser Vertrag aussehen müsste, damit er verfassungsgemäß wäre."
Die Außenminister der 27 EU-Mitgliedstaaten hatten der EU-Kommission am 27. Juli das Mandat erteilt, ein Abkommen mit den USA über die weitere Nutzung der Finanzdatenbank Swift auszuhandeln. Seit 2001 zapfen die USA den in den Vereinigten Staaten stationierten Swift-Server ohne die Grundlage eines Abkommens an.
Die Übermittlung der Swift-Daten ohne konkreten Verdacht gegen Betroffene ist nach Einschätzung Weicherts datenschutzrechtlich noch heikler als die Speicherpflicht für Telefon- und Handyverbindungsdaten, die derzeit vom deutschen Bundesverfassungsgericht geprüft wird. Denn während die Vorratsdaten zunächst lediglich gespeichert würden, müssten die Bankdaten zusätzlich übermittelt werden - und zwar ins Ausland, wo für betroffene Deutsche kaum Rechtsschutz zu erlangen wäre.
Sollte der EU-Plan umgesetzt werden, dann könnten Betroffene beim deutschen Bundesverfassungsgericht klagen. Denn ein entsprechendes völkerrechtliches Abkommen müsste in Deutschland zunächst per Gesetz umgesetzt werden. Dagegen könnten Betroffene unmittelbar Verfassungsbeschwerde einlegen. "Allerdings ist der Plan der Außenminister so hanebüchen, dass ich nicht glaube, dass es politisch so weit kommen wird", sagte der Datenschützer.
Swift zurückhaltend zu US-Bankdatennutzung
In der Diskussion um ein Abkommen zur Weitergabe von Daten europäischer Bankkunden an den US-Geheimdienst hält sich der Finanzdienstleister Swift bedeckt. "Das ist eine politische Entscheidung", sagte ein Unternehmenssprecher am 28. Juli der dpa in Brüssel. "Swift hält sich an die legalen Bestimmungen in den jeweiligen Ländern und wird sich natürlich auch an ein solches Abkommen halten." An den Verhandlungen der Politik sei das Unternehmen nicht beteiligt. "Wir können nur abwarten", sagte er und fügte hinzu: "Wir kennen die Details des Mandates nicht und wissen nicht, wie die Zukunft aussieht."
Der US-Geheimdienst CIA greift schon seit den Terroranschlägen vom 11. September auf die Swift-Datenbank zu. Durch das Abkommen soll es US-Fahndern auch dann noch möglich sein, die Daten zu nutzen, wenn der Server künftig in der Schweiz steht. Die 27 EU-Außenminister hatten der Europäischen Kommission am Montag das Mandat für die entsprechenden Verhandlungen mit den USA erteilt. Ziel des Umzugs von den USA in die Schweiz war es eigentlich gewesen, dass die US-Fahnder keinen Zugriff mehr haben. Der Sprecher wollte dies nicht kommentieren.
Solange der Server noch in den USA steht und nicht in die Schweiz verlagert wird, können die USA weiter ungehindert auf die Bankdaten zugreifen. "So lange ändert sich gar nichts", sagte der Sprecher. Die Pläne der Europäischen Union haben besonders in Deutschland bei Datenschützern und Politikern einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die deutsche Bundesregierung hat indes der Aufnahme von Verhandlungen zugestimmt. Ein Abkommen müsse sich an die europäischen Datenschutzbestimmungen halten, hieß es. Zudem gebe es den Zugriff auch jetzt schon, allerdings im rechtsfreien Raum.