Chinas Aufstieg zur mächtigen "Rotchina AG"

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Die Volksrepublik wird 60 Jahre alt. Seit gut 30 Jahren steigt die Wirtschaftsmacht der Chinesen stetig an. Ein Rückblick.

Der Aufstieg Chinas zur drittgrößten Wirtschafts-und Handelsnation der Erde begann mit einem einfachen Satz: "Egal ob eine Katze schwarz oder weiß ist, Hauptsache sie fängt Mäuse." Der Architekt der Wirtschaftsreformen, Deng Xiaoping, verwarf mit diesem Pragmatismus Ende der 1970er Jahre die starre kommunistische Lehre, experimentierte in Sonderwirtschaftszonen mit dem Kapitalismus und ebnete damit den Weg für das chinesische "Wirtschaftswunder".

Wenn die Volksrepublik am 1. Oktober 60 Jahre alt wird, feiert das Milliardenvolk vor allem 30 Jahre Reform- und Öffnungspolitik. Rund 300 Mio. Menschen wurden aus der Armut geholt.

Nie zuvor haben so viele Menschen in so kurzer Zeit soviel Wohlstand geschaffen. In den glitzernden Einkaufsplazas der chinesischen Metropolen sind Gucci- und Armani-Läden zu finden. Porsches und Ferraris, Audis und Volkswagen rollen neben Lastenfahrrädern über die Straßen.

Rotchina AG verdrängt die Deutschland AG

Die "Rotchina AG" hat Deutschland auf Platz vier der Volkswirtschaften verwiesen - nur die USA und Japan sind noch größer. Trotzdem rangiert China nur auf Platz 106 weltweit, wenn das BIP auf jeden der 1,3 Mrd. Chinesen umgerechnet wird. China ist eben arm und reich zugleich.

Als Werkbank der Welt schickt sich China an, Deutschland als Exportweltmeister zu überholen. Die Weltwirtschaftskrise verpasste China einen schmerzhaften Dämpfer, doch konnte sich seine Wirtschaft wieder fangen. Planwirtschaft und Marktkräfte wirken Hand in Hand. Regierung und staatliche Banken haben den Geldhahn aufgedreht und umgerechnet mehr als eine Billion Euro in die Wirtschaft gepumpt.

"Wir sind zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr 8 % Wachstum erreichen können", sagt Vizefinanzminister Zhu Guangyao. Die Regierung werde ihre "pro-aktive" Finanzpolitik fortsetzen. Trotz Gefahren wie Überkapazitäten, Verschwendung und faulen Krediten spricht Zhu Guangyao von einem "gesunden Wachstum".

Ein Fünftel der Weltbevölkerung verbraucht 4 % des Weltkonsums

Schon kommen Hoffnungen im Westen auf, dass Chinas Wachstum vielleicht sogar die angeschlagene Weltwirtschaft aus der Krise retten könnte. Doch bei aller Wirtschaftskraft und einem Fünftel der Weltbevölkerung, hat China nur einen Anteil von 4 % am weltweiten Konsum, während die US-Verbraucher alleine für ein Drittel sorgen. Es gibt zudem Warnungen, dass sich das derzeitige Wachstum nur als "Strohfeuer" entpuppen könnte.

"China kann nicht ständig soviel Geld in die Wirtschaft pumpen", sagt der Vorsitzende der Europäischen Handelskammer in China, Jörg Wuttke. "Ich frage mich, wie nachhaltig das ist." Wichtig seien Restrukturierungen und Unterstützung für KMU. "Gerade in Krisenzeiten hat sich gezeigt, dass eine stärkere Reform und Öffnung den größten Erfolg versprechen", sagt Wuttke. Langfristig wären die Aussichten nicht schlecht: "China hat das Potenzial, über die nächsten 10 Jahre mit 6-8 % zu wachsen, auch wenn es hier und da Einbrüche gibt."

Der ausländische Traum vom gigantischen Markt mit 1,3 Mrd. Chinesen, von denen jeder Coca Cola trinkt und ein eigenes Auto fährt, ist bisher nicht geplatzt. Immer noch fließen mehr ausländische Investitionen nach China als in irgendein anderes Land der Erde. Dabei können sich nur einige 100 Mio. Bewohner des wohlhabenden Küstenstreifens und der großen Städte den Konsum auch leisten. Pro-Kopf verdienen Städter mit 1.750 Euro im Jahr mehr als dreimal so viel wie Landbewohner, die zwei Drittel der Bevölkerung stellen. Ihre Arbeitslosigkeit wird auf 30 % geschätzt.

200 Mio. ländliche Wanderarbeiter

So dienen mehr als 200 Mio. ländliche Wanderarbeiter als billige Arbeitskräfte - die wahren Helden des Wirtschaftswunders. Kapitalistische Ausbeutung ist an der Tagesordnung. Arbeiter und Bauern stehen im chinesischen Kommunismus ganz unten auf der sozialen Leiter. Oben herrschen die Parteifunktionäre in bester feudalistischer Tradition. Die "sozialistische Marktwirtschaft" scheint solange zu funktionieren, wie der einfache Chinese nur das Gefühl behält, dass der nächste Tag wieder besser wird.

In Erinnerung an die schlimmen Zustände der frühen industriellen Revolution sprechen Kritiker schon von "Manchester-Kommunismus". Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, den Schwachen und Mächtigen, verschärft die sozialen Spannungen. "China hat sich dramatisch verändert - doch leider nur in wirtschaftlicher Hinsicht", sagt der im Exil lebende Studentenführer von 1989, Wang Dan. "Die Grundlage für die Entwicklung sind soziale Ungerechtigkeit und die Ein-Parteien-Diktatur." Es fehlten politische Reformen.

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