EinkaufsManagerIndex: Lebenszeichen der Industrie
25.02.2010
Der Bank Austria EinkaufsManagerIndex steigt im Februar auf den höchsten Wert seit 2,5 Jahren. Ein kräftiges Plus bei den Auftragseingängen treibt die Produktion an. Nun zeigt auch die Beschäftigung im Sektor erstmals Stabilisierungstendenzen. Ungünstige Preistrends werden allerdings zur Bewährungsprobe des Erholungstempos.
"Im Februar haben wir ein überraschend starkes Lebenszeichen der österreichischen Industrie festgestellt“, kommentiert Helmut Bernkopf, der Investmentbanking-Chef der Bank Austria, das aktuelle Umfrageergebnis. Die heimischen Industrieunternehmen profitieren immer stärker vom weltweiten Anziehen der Konjunktur.
"Die starke Belebung des Neugeschäfts, insbesondere aus dem Ausland, wird auch eine kräftigere Ausweitung der Produktion bringen. Während dadurch die Auslastung steigt und sich die Beschäftigung langsam zu stabilisieren beginnt, entwickelt sich allerdings die Kostensituation aufgrund stark steigender Einkaufspreise zusehends ungünstig“, skizziert der Chefvolkswirt der Bank Austria, Stefan Bruckbauer, die Eckpunkte der Umfrage unter österreichischen Unternehmern der verarbeitenden Industrie.
Aufwärtstrend seit April 2009
Der Gesamtindex, der die Umfrageergebnisse zur Geschäftslage der heimischen Industrie in einer Zahl komprimiert darstellt, befindet sich seit April 2009 im Aufwind. "Im Februar setzte der Index seinen Aufwärtstrend beschleunigt fort. Der Indikator liegt mit 55,4 Punkten deutlich im Wachstumsbereich und hat den höchsten Wert seit rund 2,5 Jahren erreicht“, so Bruckbauer. Österreichs Industrie setzt nach dem scharfen Einbruch zu Beginn des Vorjahres nun mit einem beachtlich hohen Tempo zur Aufholjagd an. Die Anzeichen für eine anhaltend kräftige Erholung des heimischen Produktionssektors haben sich vermehrt.
Die spürbare Belebung ist vor allem auf den starken Zuwachs der Neugeschäfte zurückzuführen. Die Auftragseingänge sind seit mehr als 3 Jahren nicht mehr so stark gestiegen wie diesen Februar. Besonders dynamisch entwickeln sich die Exportbestellungen, die sogar den dritthöchsten Anstieg seit Umfragebeginn im Oktober 1998 verzeichnen.
Steigende Nachfrage aus Deutschland
"Insbesondere die steigende Nachfrage aus Deutschland, dem wichtigsten Absatzmarkt, beschert der heimischen Industrie eine Belebung der Geschäfte und lässt die Auftragspolster anwachsen. Der Index für den Auftragsbestand ist auf 56,5 Punkte geklettert. So rasch haben sich die Auftragsbücher seit 3 Jahren nicht mehr gefüllt“, meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.
Angesichts der verbesserten Auftragslage wurden die Produktionskapazitäten bereits ausgeweitet. Der Produktionsindex steigt nun bereits seit 8 Monaten ununterbrochen an und erreicht mittlerweile beachtliche 58,8 Punkte. Das ist der höchste Wert seit Anfang 2007.
Dank des verbesserten Geschäftsverlaufs zeigt die Beschäftigung in der Industrie nun auch erste Stabilisierungstendenzen. "Der seit 22 Monaten andauernde Abbau von Arbeitskräften, der allein 2009 zu einem Rückgang der Beschäftigung in der verarbeitenden Industrie um fast 37.000 Personen bzw. über 6 % gegenüber dem Jahr davor führte, nähert sich dem Ende.
Der aktuelle Beschäftigungsindex liegt nur noch knapp unterhalb der Neutralitätslinie, im Februar gingen daher kaum Arbeitsplätze verloren“, so Pudschedl. Betriebsbedingte Kündigungen waren die Ausnahme, doch wurde durch die Nichtbesetzung von frei werdenden Stellen weiterhin die Entwicklung der Arbeitsproduktivität im Auge behalten. Endgültige Entwarnung kann jedoch noch nicht gegeben werden, denn die Auslastung liegt noch in vielen Unternehmen weit unter dem langjährigen Schnitt. Nach dem Auslaufen der Kurzarbeit könnte in den kommenden Monaten am Arbeitsmarkt in der Industrie wieder Gegenwind aufkommen.
Steigende Einkaufspreise dämpfen
Die kräftigen Nachfrageimpulse haben die Einkaufspreise im Februar stark steigen lassen. Der Aufwärtstrend wurde durch das besonders kostenbewusste und vorsichtige Lagermanagement der Unternehmen, die offenbar zum Teil von der Stärke des Rückenwinds überrascht wurden, verstärkt. Die heimische Industrie ist zunehmend mit Lieferschwierigkeiten aufgrund zu niedriger Lagerbestände auf Lieferantenseite und verzögerten Warenauslieferungen konfrontiert. Die durchschnittlichen Lieferzeiten für die Industrieunternehmen haben sich im Februar so stark wie seit fast 2,5 Jahren nicht mehr erhöht. Die Warenlager haben sich weiter deutlich verkleinert.
"Während die Einkaufspreise parallel mit der Einkaufsmenge im Februar nach oben geschnellt sind, sinken die Verkaufspreise aufgrund des starken Wettbewerbs weiter. Damit setzt sich die seit August vorigen Jahres bemerkbare Verschlechterung der Kostensituation für die heimischen Industriebetriebe verstärkt fort, was das Erholungstempo drücken könnte“, meint Bruckbauer.
Die seit Monaten ungebrochen wachsende Zuversicht in der europäischen und heimischen Sachgütererzeugung schlägt sich in realen Zahlen nieder. Die österreichische Industrie schwenkt auf einen soliden und nun beschleunigten Erholungspfad ein. Der markante Anstieg des Bank Austria EinkaufsManagerIndex, das kräftig wachsende Neugeschäft und der zunehmende Auftragspolster zeigen, dass die exportgetriebene Erholung derzeit auf einer soliden Basis steht.
Vor allem ist das abermals verbesserte Indexverhältnis Neuaufträge zu Lager, das im Februar einen neuen Höchststand erreicht hat, ein klares Zeichen, dass die Produktion in den kommenden Monaten weiter steigen wird müssen, um die Nachfrage befriedigen zu können. "Die Chance auf ein Andauern der Erholung in der heimischen Industrie hat sich auf kurze Sicht erhöht. Wegen des bevorstehenden Auslaufens der staatlichen Konjunkturprogramme und des laufenden Nachholeffekts von krisenbedingt aufgeschobenen Bestellungen schätzen wir die Wachstumsaussichten auf mittlere und längere Sicht weiterhin etwas zurückhaltend ein.
Nach dem Rückgang um 13,2 % im Vorjahr rechnen wir für 2010 mit einem Anstieg der Industrieproduktion um zumindest 4 %“, fasst Bruckbauer die Erwartungen der Bank Austria Ökonomen zur Industrieentwicklung zusammen. Die Industrie wird nach der Zwangspause während der globalen Konjunkturschwäche im laufenden Jahr wieder zum bestimmenden Träger der österreichischen Wirtschaft werden. Der Weg ist jedoch noch sehr weit, um das in der Krise verlorene Terrain wieder gänzlich aufzuholen.