EU-Binnenmarktkommissar will strikte Finanzregeln

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Eine lückenlose Regulierung der Finanzmärkte ist oberste Priorität des künftigen EU-Binnenmarktkommissars Michel Barnier. Der Franzose hob das von Deutschland und Frankreich verfochtene Prinzip als Leitlinie seiner künftigen Arbeit hervor: "Kein Markt, kein Finanzakteur, kein Produkt und keine Region sollte sich einschlägiger Regulierung und wirksamer Aufsicht entziehen können."

Die Finanzmärkte müssten in den Dienst der Märkte gestellt und neue Krisen verhindert werden, sagte Barnier am 13.Jänner bei seiner Anhörung im Europäischen Parlament. Allerdings betonte er seine Unabhängigkeit von nationalen Interessen. "Ich nehme keine Befehle aus London, Paris oder Berlin entgegen."

Bei den konkreten Vorhaben der Kommission, die das exklusive Recht hat, Gesetze vorzuschlagen, hielt er sich jedoch an die bereits festgelegte Agenda. Die Eigenkapitalregeln für Banken sollen verschärft, der Derivatemarkt erstmals reguliert und Vorschriften für die Bezahlung von Bankmanagern eingeführt werden. Einen kleinen Schritt weiter ging er mit dem Hinweis, auch über Sanktionen gegen Leerverkäufe nachzudenken, um die Wetten auf sinkende Aktienkurse einzudämmen. Auch eine Finanzmarktsteuer, mit der die Banken an den Kosten der Krise beteiligt würden, will er prüfen. Barnier deutet an, dass er mit der Regulierung nicht überziehen will. So wolle er mit allen Partnern sprechen, um eine "intelligente und effektive" Regulierung zu erreichen.

Striktere Haltung als Vorgänger McCreevy

Barnier nimmt damit eine striktere Haltung ein als sein Vorgänger Charlie McCreevy aus Irland. Dieser hatte bis auf das letzte Jahr seiner fünfjährigen Amtszeit trotz Forderungen aus dem Europäischen Parlament neue Regeln für Banken und Märkte abgeblockt und erst unter dem Druck der Krise gehandelt. Viele Abgeordnete warfen ihm deshalb vor, diese mitverursacht zu haben. Das Parlament prüft in öffentlichen Anhörungen alle 26 Kandidaten für die neue Kommission, die Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso nach Absprache mit den Mitgliedsländern vorgeschlagen hat. Es kann bei Zweifeln an der Fähigkeit einzelner Kandidaten das gesamte Gremium ablehnen.

Frankreich schickt mit dem 59-jährigen ehemaligen Minister, der schon einmal EU-Kommissar für Regionalpolitik war, ein Schwergewicht nach Brüssel. Mit dem Binnenmarktressort hat Präsident Nicolas Sarkozy für Barnier eines der drei wichtigsten Wirtschaftsressorts ergattert. Diesen Erfolg hatte Sarkozy als Sieg Frankreichs über das "angelsächsische Modell des Finanzkapitalismus" gefeiert und damit die britische Regierung verärgert, die um den Finanzplatz London bangt. Barnier tat wenig, um Befürchtungen über eine drohende Überregulierung zu vertreiben. Es dürfe nach der Krise doch keinen Zweifel geben: "Wir müssen daraus lernen." Märkte bräuchten Regeln und Ethik.

Offener bei Binnenmarktregulierung

Auch bei der Binnenmarktregulierung ist Barnier zu einem offeneren Herangehen als McCreevy bereit. Bei Regeln zum grenzenlosen Austausch von Produkten, Diensten, Kapital oder Arbeitskräften will er künftig eine soziale Folgenabschätzung vornehmen. Das hatte Barroso zu seiner Wahl den Sozialdemokraten im Parlament versprochen.

Die Abgeordneten der beiden großen Fraktionen, Christdemokraten und Sozialdemokraten, und Liberale begrüßten Barniers Positionen, so dass seine Ernennung außerfrage stehen dürfte. Doch mit anderen Kandidaten war das Parlament nicht zufrieden. Die Bulgarin Rumjana Schelewa, als Kommissarin für Internationale Zusammenarbeit und Katastrophenhilfe vorgesehen, sah sich Vorwürfen ausgesetzt, eine Nebentätigkeit verschwiegen zu haben. Im Fall des Litauers Algirdas Semeta wurde die fachliche Eignung als Steuerkommissar bezweifelt, nachdem er vielen Fragen ausgewichen war.

Die Fraktionschefs im Parlament müssen am 19. Jänner eine Stellungnahme zur gesamten Kommission abgeben. Nur wenn es dann keine Vorbehalte mehr gibt, kann die Abstimmung im Plenum in Straßburg wie geplant am 26. Jänner über die Bühne gehen.

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