EU gibt Berlin bis 2013 Zeit für Schuldenabbau
10.11.2009
Deutschland soll nach einer Empfehlung der EU-Kommission 2011 mit dem Schuldenabbau beginnen und den europäischen Stabilitätspakt 2013 wieder einhalten. Die deutsche Wirtschaft sei in einem starken Abschwung, heißt es in dem Dokument.
Deshalb greife die Ausnahmeregel des Paktes, die den Staaten bei einer schweren Krise mehr Zeit gibt, die Neuverschuldung unter 3 % des BIP zurückzuführen. Von 2011 bis 2013 müsse die strukturelle Neuverschuldung jährlich um 0,5 % des BIP gesenkt werden, heißt es in der Empfehlung weiter. Sollte die Wirtschaft schneller als erwartet in Fahrt kommen, müsste auch der Schuldenabbau beschleunigt werden.
Die Kommission veröffentlicht die Empfehlungen am 11.11. Doch die EU-Finanzminister werden sich mit der Strategie zur Konsolidierung der Staatshaushalte bereits bei ihrem Treffen am 10.10. in Brüssel beschäftigen. Für Deutschland erwartet die Kommission in diesem Jahr einen Fehlbetrag von 3,4 % des BIP, der im nächsten Jahr auf 5,0 % steigen und 2011 kaum niedriger ausfallen soll.
Kontrollverfahren vorgesehen
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht beim Überschreiten der Defizitgrenze von drei Prozent des BIP ein Kontrollverfahren der EU-Kommission vor, das im schlimmsten Fall mit Geldstrafen enden kann. In wirtschaftlich normalen Zeiten haben die Staaten nur ein Jahr Zeit, ein übermäßiges Defizit zu korrigieren. Doch bei der Reform des Paktes 2005 wurde beschlossen, dass diese Frist unter besonderen Umständen wie einer schweren Wirtschaftskrise nicht gilt.
Inzwischen laufen bereits gegen 20 der 27 EU-Staaten Verfahren wegen des Verstoßes gegen die 3-%-Grenze. Die milliardenschweren Konjunktur- und Bankenrettungsprogramme treiben die Staatsverschuldung fast überall in die Höhe, während die Einnahmen in der Krise wegbrechen.
Die Bundesrepublik ist abgesehen vom EU-Stabilitätspakt schon per Grundgesetz zum Schuldenabbau verpflichtet. Ab 2016 darf das Defizit des Bundes 0,35 % des BIP nicht mehr überschreiten. "Deutschland sollte diese Fiskalregeln auf Ebene des Bundes und der Länder wirksam umsetzen", fordert die EU-Kommission. Die Konsolidierungspläne dafür müssten allerdings noch genauer ausgearbeitet werden. Die Kommission mahnt zudem, dass die umfangreichen Finanzhilfen an die deutschen Banken langfristig den Schuldenstand erhöhen könnten.
Schonfrist für Paris und Madrid
Auch Frankreich und Spanien sollen bis 2013 Zeit bekommen, ihre wachsenden
Defizite unter drei Prozent zu drücken. Bisher hatte die Kommission für die
beiden Länder als Termin 2012 vorgegeben. Großbritannien, dessen stark vom
Finanzsektor abhängige Wirtschaft besonders hart getroffen wurde, muss erst
wieder 2014/2015 das Schuldenlimit einhalten.
Da die Defizite in den
anderen großen EU-Ländern aber viel stärker steigen als in Deutschland,
müssen sie auch strikter vorgehen. Frankreich, das ein Minus von acht
Prozent zu bewältigen hat, muss das strukturelle Defizit von 2010 bis 2013
um 1,25 % des BIP senken. Spanien und Großbritannien müssen pro Jahr
Einschnitte von mindestens 1,75 % vornehmen.
Der Ausstieg aus der Schuldenspirale kann nach Auffassung der EU-Kommission in allen EU-Staaten spätestens 2011 beginnen. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten bereits zugesagt, das Datum anzuerkennen, wenn die aktuelle Konjunkturprognose der EU-Kommission einen stabilen Aufschwung 2011 erwarten lasse. Nach der Anfang November veröffentlichten Vorhersage ist in der EU mit einem Wachstum von eineinhalb Prozent zu rechnen - womit die Bedingung für die Abkehr von der Krisenpolitik erfüllt wäre.