Verspätungen

Flughafen Wien ermahnt Airlines

17.07.2018

Man müsse sich das Vertrauen der Passagiere wieder erarbeiten.

Zur Vollversion des Artikels
© APA/ Hochmuth
Zur Vollversion des Artikels
Die zuletzt gehäuften Flugausfälle und Verspätungen sowie umgeleitete Flieger nerven nicht nur die gestrandeten Passagiere, sondern mittlerweile auch Flughafen-Wien-Vorstand Julian Jäger. Er rief am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz die Luftfahrtbranche dazu auf, gemeinsam an der Qualität zu arbeiten und das Vertrauen der Passagiere wieder herzustellen.
 
Für das Chaos über Europas Himmel gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist es der aggressiven Expansion nach der Air-Berlin-Pleite auf Kosten der Pünktlichkeit geschuldet. Zum anderen gibt es einen Mangel an Piloten und Fluglotsen.
 

Wachstum geht weiter

Und der Wachstumskurs geht weiter: Airport-Chef Jäger geht für heuer von einem Passagierplus von sechs Prozent aus und ist für 2019 optimistisch, weiter zu wachsen. "Es ist nicht nur in Wien so, dass es sehr ambitionierte Flugpläne gibt und dass Airlines sehr schnell gewachsen sind. Sobald ein Glied aus der Kette rausfliegt, bringt das den Flugplan zum Purzeln", sagte Jäger.
 
Die neue Wiener IAG-Tochter Level will das vermeiden: Es gebe genug Pufferzonen zwischen den Flügen, damit sich eine Verspätung nicht auf den nächsten Flug übertragt, sagte Betriebsleiter Frank Glander zum Level-Start. Man fahre den Flugbetrieb sehr defensiv hoch, es stehe auch ein Ersatzflugzeug bereit. Mit der Personalsituation sei man zufrieden.
 
Die vielen Verzögerungen betreffen vor allem den Luftraum über Frankreich und Deutschland. Die Lufthansa-Billigtochter Eurowings schob die Probleme im Flugbetrieb Mitte Juni auf die streikenden Fluglotsen in Frankreich und Wetterkapriolen in Europa. Doch gibt es auch hausgemachte Kapazitätsengpässe, was Reserveflugzeuge oder das Personal in den Flugsicherungen betrifft.
 
Die deutsche Flugsicherung DFS hat am Donnerstag erklärt, nicht frei in der Personalplanung zu sein. Die EU-Kommission habe Zielwerte vorgegeben, die erfüllt werden mussten. In der Zeit von 2012 bis 2014 habe man zu viele Lotsen für den vorhandenen Verkehr gehabt, nun trete in der aktuellen Regulierungsperiode das Gegenteil ein. Die gesamte Branche sei von dem unerwarteten Verkehrsanstieg seit 2017 überrascht worden, der auch im laufenden Jahr zu neuen Rekorden führen werde. Man bilde derzeit so viele Lotsen wie möglich aus.
 

Österreich nicht betroffen

Die österreichische Flugsicherung ist nach Eigenangaben eine der pünktlichsten in Europa und nicht betroffen. Austro-Control-Sprecher Markus Pohanka sagte zur APA, im österreichischen Luftraum entstünden Verspätungen nur durch Gewitter, nicht durch Personalengpässe. "Die Verspätungen, die die Passagiere spüren, sind nicht auf die österreichische Flugsicherung zurückzuführen."
 
Für Urlauber, deren Reisen mit Verspätungen beginnen oder enden, ist der Ärger über die Airlines groß. Auf den Facebook-Seiten der Fluggesellschaften machen sie ihrem Ärger Luft und beklagen oft, am Flughafen ohne Informationen alleine gelassen oder nachts auf einem hunderte Kilometer entfernten Ausweichflughafen "abgeladen" worden zu sein.
 
Laudamotion-Geschäftsführer Andreas Gruber sagte am Montag, die anfänglichen Startschwierigkeiten gebe es nicht mehr. Die Beschwerden auf Facebook lassen einen anderen Schluss zu. Laudamotion entschuldigt sich dort mehrmals täglich für die Probleme "und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten".
 

Entschädigung

Wenn ein Flug annulliert wird oder sich um mehr als drei Stunden verspätet, steht Passagieren nach EU-Recht eine Entschädigung zu. Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht bei einer Flugstrecke von bis zu 1.500 Kilometern 250 Euro pro Person vor. Bei Strecken von 1.500 bis 3.500 Kilometern sind es 400 Euro, bei über 3.500 Kilometern 600 Euro.
 
Laut dem Entschädigungseintreiber AirHelp hat sich allein die Zahl der Flugausfälle heuer verdoppelt: Während im ersten Halbjahr 2017 512 Flüge aus Österreich gestrichen wurden, seien es heuer bereits 1.062 gewesen. AirHelp schätzt die Entschädigungsansprüche österreichischer Passagiere auf insgesamt 47 Mio. Euro.
 
AirHelp und andere private Entschädigungseintreiber behalten ein Viertel der Entschädigungszahlung als Provision ein. Die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (afp) hilft betroffenen Passagieren hingegen kostenlos.
Zur Vollversion des Artikels