Am Brüsseler Flughafen wird für den Euro Reklame gemacht. "Eine Währung, die Europa öffnet", lautet der Slogan auf einem Plakat. Die Werbung ist offensichtlich nötig, da die Schuldenkrise in Griechenland das Vertrauen in die noch junge Gemeinschaftswährung erschüttert. Für neue Länder aus Mittel- und Osteuropa, die den Euro einführen wollen, wird es deswegen noch schwieriger. Die Slowakei war 2009 das vorläufig letzte Land, das in den exklusiven Kreis mit der Einheitswährung aufgenommen wurde.
Jetzt steht das kleine Estland als potenzielles Mitglied Nummer 17 an der Euro-Tür. Der baltische Staat erfüllt die Maastrichter Beitrittskriterien, hat also Inflation und Schulden im Griff, und will zum kommenden Jahreswechsel seine Krone gegen den Euro tauschen.
Die EU-Kommission wird am 12. Mai ihr Zeugnis für Tallinn ausstellen. Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves gibt sich selbstbewusst: "Es wäre schon ein ziemlich bizarres Signal, 'Nein' zu einem Land zu sagen, dass alles wie gefordert gemacht hat", meinte der Staatschef Ende zurückliegender Woche in Prag.
In Brüssel wird immer wieder beteuert, dass für Euro-Anwärter nur "die Kriterien und nichts als die Kriterien" zählen. "Der Euro ist keine geschlossene Veranstaltung", lautet das Standardmotto. Es ist aber klar, dass sich die EU ein Fiasko a la Griechenland nicht mehr erlauben kann.
Da sich Athen 2001 den Beitritt mit frisierten Daten erschwindelte und danach Zahlen häufig nicht stimmten, wird nun besonders gründlich in die Bücher geschaut. Obwohl dies kein offizielles Kriterium ist, spielen auch außenwirtschaftliche Ungleichgewichte bei der Bewertung künftiger Euro-Mitglieder eine Rolle. Da geht es beispielsweise darum, ob ein Land deutlich mehr Güter einführt als es exportiert.
In Osteuropa beginnen sich die Staatenlenker Sorgen zu machen: "Es wäre völlig absurd, wenn andere bestraft würden, weil ein Euro-Land die Kriterien nicht erfüllt", meinte unlängst der lettische Regierungschef Valdis Dombrovskis. Sein Land und Nachbar Litauen streben 2014 in den Euro-Club.
Die litauische Präsidentin Dalia Gybauskaite, früher einmal strenge Haushaltskommissarin in Brüssel, wundert sich über mangelnde Disziplin in der Eurozone: "Man erfüllt viele Bedingungen und passiert viele Kontrollen, und dann kommt man (in den Euro-Club) herein, und es gibt keine Mechanismen für die Aufsicht und die Verantwortlichkeit."
Die neuen Länder in der Mitte und im Osten Europas sind vertraglich verpflichtet, die Gemeinschafts-Währung zu übernehmen, wenn sie die Bedingungen dafür erfüllen. Die Wirtschafts- und Finanzkrise machte jedoch in vielen Ländern einen Strich durch ehrgeizige Szenarien. So musste Polen den Plan einer Einführung im übernächsten Jahr aufgeben. Warschau will nun 2015 bereit sein, den heimischen Zloty für immer aufzugeben. Aber es gibt noch Fragezeichen: "Die Euro-Einführung ist 2015 möglich, ob aber Polen und Europa diese Entscheidung treffen, wird sich erst dann herausstellen", meint Regierungschef Donald Tusk.
In Bulgarien überschritt das Defizit im vergangenen Jahr deutlich die erlaubte Marke von 3 % der Wirtschaftsleistung - und deshalb schraubte Sofia seine Ambitionen auf einen Euro-Start 2013 erst einmal zurück. "Wir verzichten vorerst auf den Beitritt zur Euro-Zone, weil wir die Kriterien nicht erfüllen", lautet die bittere Einsicht von Regierungschef Bojko Borissow.
Auch für andere Länder bleibt der Euro Zukunftsmusik. Ungarn wurde mit milliardenschweren Finanzspritzen - unter anderem von der EU - vor dem drohenden Staatsbankrott bewahrt. Die Gemeinschaftswährung steht auch deshalb in Budapest nicht auf der Tagesordnung. Inoffizielle Schätzungen sprechen von 2014 oder 2015. Auch Tschechien peilt bisher offiziell keinen Termin an - in Prag spricht man über Daten von 2015 an. Rumänien will 2015 an den Start gehen. Nationalbankchef Mugur Isarescu meint dazu: "Ein ehrgeiziges, aber schaffbares Ziel."