Ex-Wissenschaftsminister Johannes Hahn will als EU-Regionalkommissar die EU den Österreichern greifbarer machen. Dreimal im Jahr will Hahn in Wien öffentliche Informationsveranstaltungen abhalten und auch Bundesländertage soll es geben, um die EU-Politik verstärkt in Österreich darzustellen, sagte Hahn.
Hahn will die EU-Regionalförderungen auch in Griechenland weiter fortsetzen. Griechenland ist wegen seines Budgetdefizits und der mutmaßlichen Verschleierung seiner Schulden stark unter Kritik geraten. "Die Aufgabe der Regionalpolitik ist nicht, Geld zu sparen, sondern sich einzusetzen, dass sich die Regionen weiter entwickeln", so Hahn, gefragt nach eventuellen Mittelkürzungen für Griechenland.
"Ich werde alles tun, dass die Regionalprojekte unter Einhaltung der Regulative fortgesetzt werden." Es gelte darauf zu achten, dass die Empfängerländer die Kofinanzierungen der Projekte bedienen können und über die Kapazität verfügen, die Projekte abzuwickeln. Daher liege die Kofinanzierung von wirtschaftlich schwachen Regionen unter 15 % und die von stärkeren zwischen 50 und 80 %. Bei schwächeren Regionen werde versucht, durch Vorauszahlungen Liquidität bereitzustellen.
"Error-Rate" von 11 Prozent
Gefragt nach der Veruntreuung von EU-Regionalmitteln, sagte Hahn, die mit elf Prozent ausgewiesene Korruptionsrate sei nicht Korruption sondern "Error-Rate" (Irrtumsrate), die eine "falsche Inanspruchnahme" der Mittel besage. Es gelte hier zwischen Irrtum und Betrug zu unterscheiden. Die EU wolle daher die Regeln für die Projekte "einfacher gestalten", um die "Error-Rate" zu reduzieren. In der Periode 1994 bis 1999 lag diese Irrtumsrate laut Hahn bei unter drei Prozent und der Betrug bei 0,2 %.
In Österreich gibt es nach Angaben Hahns "zigtausende Einzelprojekte" mit EU-Regionalförderungen. Beispielhaft nannte er Projekte in der burgenländischen Gemeinde Güssing zur Förderung erneuerbarer Energien, die Donauraumstrategie die es zu fördern gelte, an der auch Oberösterreich, Wien und Niederösterreich teilhaben sollen, sowie grenzüberschreitende Projekte zu Österreichs Nachbarregionen. So sollen etwa EU-Projekte im bayerischen Raum und in Südtirol im alpinen Bereich helfen, die Bewohner in der Region zu halten, um der Binnenmigration gegenzusteuern.
"Hinweisschilder" für EU-Projekte
Zugleich sagte Hahn: "Als EU-Regionalkommissar würden mich die Wege selten nach Österreich führen, weil Österreich an 23. oder 24. Stelle (der 27 EU-Staaten, Anm.) der Empfängerländer von Regionalförderung steht und in Österreich alles bestens funktioniert." Hahn will Projekte, die mit EU-Geldern durchgeführt werden, mit "Hinweisschildern" stärker kennzeichnen, und in Österreich einen "Kulturwandel" einleiten: Andere Regionen wie zum Beispiel in Spanien seien nämlich stolz auf diese Projekte.
1,46 Mrd. Euro aus dem EU-Regionaltopf für 2007 bis 2013 gehen laut Schätzungen nach Österreich. Das ehemals strukturschwache Ziel-1-Gebiet Burgenland sowie die Steiermark und Niederösterreich sind in Österreich Spitzenreiter bei der EU-Regionalförderung. Projekte in Güssing zur Förderung erneuerbarer Energien im Ausmaß von über 47 Mio. Euro gelten als "Musterbeispiele" in Österreich.
Das Regionalressort ist nach Budgetmitteln hinter der Landwirtschaft der zweitgrößte Posten in der EU: Hahn verwaltet ein Budget von 347 Mrd. Euro, die im EU-Finanzrahmen von 2007 bis 2013 dafür veranschlagt sind. Das entspricht etwa 36 % des gesamten EU-Mehrjahreshaushalts für diese Periode. Zu den wichtigsten Empfängerländern gehören die strukturschwachen neuen EU-Staaten in Mittel- und Osteuropa. Laut Hahn sind für die neue Periode 2 Mio. EU-Regionalprojekte in den 271 Regionen im EU-Raum vorgesehen, in der vergangenen waren es 1,5 Mio.
Donauraumstrategie als Schwerpunkt
Der neue EU-Regionalkommissar hat bei seiner Pressekonferenz in Wien den urbanen Raum, wo 80 % der Europäer leben, und die Donauraumstrategie, wo es zu makroregionaler Zusammenarbeit kommen soll, als seine Schwerpunkte genannt. Weiters gelte es Fortschritte im Kontrollbereich fortzusetzen. Der Umgang mit EU-Regionalförderungen gilt als korruptionsanfällig. Mitte März wird es laut Hahn einen Strategiebericht geben, in dem die 27 EU-Staaten ihre Regionalprojekte der vergangenen Jahre evaluieren.
Es gelte die Umsetzung der Regionalprojekte zu flexibilisieren, sagte Hahn. Mit einer neuen Initiative plant er, dass sich die Mitarbeiter der Generaldirektion Regionalpolitik der EU-Kommission zukünftig EU-Regionalprojekte an Ort und Stelle ansehen sollen. Die Kontakte zu den nationalen Parlamenten und Landtagen sollen Hahn zufolge ebenfalls intensiviert werden. "Dadurch wird die Arbeit auf europäischer Ebene nicht einfacher durch noch mehr politische Partner, dafür sind die Ergebnisse stabiler und nachhaltiger."
EU-Parlament wurde stärker
Gefragt nach der Stärkung des EU-Parlaments nach dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags, meinte Hahn, das Parlament könne eine unterstützende Rolle im Diskurs mit dem Rat einnehmen und der Dialog mit dem Parlament sollte stärker gesucht werden. "Manche frühere Kommissare haben Schwierigkeiten, das zu akzeptieren."
Der neue EU-Kommissar will auch EU-Politiker nach Österreich einladen. Hier sollen sie zur Erörterung der EU-Politik unter anderem auch in Schulen und Universitäten gehen. "Wir brauchen Nachwuchs, der sich für Europa engagiert", sagte Hahn. Sein Ziel sei es, die Zustimmung der Österreicher zur EU auf über 50 % zu heben und stabil zu halten. Die Zustimmung der Österreicher zur EU war zuletzt gewachsen. Bei der jüngsten Eurobarometer-Umfrage bewerteten 42 % die EU-Mitgliedschaft als "eine gute Sache".