Polens Präsident Lech Kaczynski könnte die ehrgeizigen Privatisierungspläne der Regierung torpedieren: Er hat sich gegen den Verkauf von staatlichen Energiekonzerne ausgesprochen. "Eine Privatisierung muss ein strategisches Ziel haben. Die Sicherung einer ruhigen Präsidentschaftskampagne für Donald Tusk (derzeit Ministerpräsident, Anm.) ist das auf jeden Fall nicht", erklärte der Staatsminister in der Präsidialkanzlei, Pawel Wypych, ganz offen.
2010 wird in Polen ein neues Staatsoberhaupt gewählt, bei der Tusk derzeit die besten Chancen vorhergesagt werden. Der Verkauf der staatlichen Energieunternehmen ist der Kernpunkt des revidierten Privatisierungsplans der polnischen Regierung.
Das Schatzministerium will 67 Prozent der Anteile am Stromkonzern Enea verkaufen; der Fiskus hält noch knapp 76,5 Prozent an dem besonders in Westpolen engagierten Konzerns. Im ersten Halbjahr war das Nettogewinn im Jahresvergleich um knapp über 18 Prozent auf fast 3,6 Mrd. Zloty (875 Mio. Euro) angestiegen.
Über die Börse sollen auch das größte Stromunternehmen des Landes, PGE (Polska Grupa Energetyczna), verkauft werden. Noch heuer plant die Regierung 25 Prozent und im kommenden Jahr 10 Prozent der Anteile zu verkaufen. Der Staat ist derzeit Alleineigentümer und will auch nach einer Teilprivatisierung die Kontrolle über den Konzern behalten, denn das Unternehmen habe eine strategische Bedeutung für die Energiesicherheit des Landes.
PGE wird sich an dem Bau von zwei geplanten Kernkraftwerken beteiligen, die 2020 und 2030 fertig sein sollen. Auch ein großes Aktienpaket des Energieriesen Tauron Polska Energia will die Regierung über die Börse veräußern.
Vattenfall soll Interesse haben
Kaczynski betont, dass die Wirtschaftskrise kein Scheingrund für die Privatisierung von Unternehmen sein dürfe, die man nicht in fremde Hände geben sollte. "Man gibt keine Perlen aus der Krone her, denn sie können nicht ersetzt werden", meinte Kaczynski.
Es sei absurd, durch Privatisierungen Anteile an staatlichen Unternehmen auf andere staatlich dominierte Konzerne zu übertragen, kritisierte der Präsident. Er verwies darauf, dass an Investitionen in die Polens Energiewirtschaft unter anderem der schwedische staatliche Energiekonzern Vattenfall interessiert sei.
Polens Schatzminister Aleksander Grad erklärte mittlerweile im Gespräch mit der Tageszeitung "Dziennik", dass "strategische Unternehmen unter Staatskontrolle bleiben werden".