Leichtfried:

Konzerne zahlen jährlich bis zu 120 Mrd. zuwenig Steuern

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Forderung nach einheitlichen Unternehmenssteuersätzen in Europa.

Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hat bei einem Besuch des Österreich-Wirtschaftsforums in Atlanta im US-Bundesstaat Georgia mehr Steuergerechtigkeit gefordert. Konzerne zahlen jährlich 80 bis 120 Mrd. Euro zu wenig Steuern in Europa, indem sie zwischen nationalen Steuersystemen jonglieren. Bei konservativer Rechnung sei Österreich von einem Steuerentfall von 1,3 Mrd. Euro pro Jahr betroffen.

"Wir müssen ein Steuersystem schaffen, das diese Dinge nicht mehr möglich macht - sonst ist der Glaube an die Gerechtigkeit ein endenwollender", sagte Leichtfried. Das Geld fehle für wichtige Aufgaben des Staates, auch für die Wirtschaftspolitik. Der SPÖ-Politiker fordert daher einheitliche Bemessungsgrundlagen und einheitliche Körperschaftssteuersätze in Europa. Der Gewinn sollte dort besteuert werden, wo er entsteht. "Absurd" findet er die Haltung von Irland, das vor einigen Jahren noch europäische Hilfen bekommen habe, nun aber keine Steuereinnahmen von Apple haben wolle und sich gegen das Vorgehen der EU-Kommission sträube.

"Steuerzahlen ist keine lästige Pflicht, sondern die Investition in unseren künftigen Wohlstand", meint Leichtfried. Die Republik investiere in Bildung, Wissenschaft und Forschung, Gesundheit und Infrastruktur. Die österreichische Universitätsausbildung sei so gut, dass die Absolventen auch auf US-Spitzenuniversitäten mithalten können, berief er sich auf Gespräche mit österreichischen Wissenschaftern bei seinem Besuch in Kalifornien.

Europas Infrastruktur sei massiv unterfinanziert, das habe jüngst auch das Beratungsunternehmen McKinsey festgestellt. Demnach sollten die Regierungen gezielt Investitionen in Infrastruktur, Wissenschaft und Forschung vornehmen. Bremsend wirke sich dabei aus, dass langfristige Investitionen nicht aus den Maastricht-Regeln ausgenommen und langfristig abgeschrieben werden können, sondern kurzfristig massiv das Staatsbudget belasten, kritisiert Leichtfried. Diese "Fehlentwicklung" behindere massiv die Investitionstätigkeit des Staates.

Ein weiterer Grund für die Investitionsschwäche seien die Veranlagungen in der Finanzindustrie statt in der realen Wirtschaft, weil in der Finanzbranche die Renditeerwartungen höher seien. Daher müsste eine Steuer diese Investitionen weniger attraktiv machen. Der bevorstehende britische Austritt aus der EU, der Brexit, sei vielleicht eine Chance, dass ohne Großbritannien die Finanztransaktionssteuer in Europa endlich durchgesetzt werden könne, meint Leichtfried. Vom Warten auf eine weltweite Durchsetzung der Besteuerung von Finanztransaktionen hält er nichts, Europa solle hier vorangehen.

Angesichts der wachsenden Ungleichheit, der Stagnation der Durchschnittseinkommen und der Gefahr von Arbeitslosigkeit wenden sich immer mehr Menschen in Europa jenen Parteien zu, die die EU zerschlagen wollen. Auch die FPÖ sei noch bis vor kurzem für einen Austritt Österreichs aus der EU, obwohl sie nun im Bundespräsidentschaftswahlkampf offenbar "Kreide geschluckt" habe, meinte Leichtfried. "Die FPÖ will das zerstören, was uns als Österreicher unheimlich erfolgreich gemacht hat - dem müssen wir entgegenwirken und die Grundlagen für Bildung, Sicherheit, Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen."

Leichtfried nimmt an der "Austria Connect North America 2016" teil, wo sich heuer zum neunten Mal Vertreter österreichischer Unternehmen in den USA und Kanada vernetzen und aktuelle Probleme erörtern. Das Treffen findet in der renommierten US-Universität Georgia Institute of Technology in Atlanta, Georgia, statt. Etwa 700 österreichische Tochterunternehmen existieren in den USA. Die Direktinvestitionen aus Österreich belaufen sich auf 11,5 Milliarden Dollar. Organisiert wird die Veranstaltung von der österreichischen Außenhandelsvertretung der Wirtschaftskammer in den USA.
 

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