Vorsichtiger Optimismus in Davos: Nach der schlimmsten Wirtschaftskrise in
mehr als 6 Jahrzehnten erwarten Spitzenmanager rund um den Globus eine
Erholung der Konjunktur. Rund 2.500 hochkarätige Teilnehmer diskutieren seit
Mittwoch auch über die politischen Brennpunkte wie die Lage nach dem
schweren Erdbeben auf Haiti.
Zwei Drittel von 1200 weltweit befragten Spitzenmanagern erwarten bessere
Wirtschaftsaussichten in diesem Jahr, ein Drittel sogar höhere Gewinne. Die
traditionell am Vorabend des Treffens von PricewaterhouseCoopers (PwC)
vorgelegte Umfrage in 54 Ländern zeigt, dass die Unternehmen wieder auf
Aufschwung setzen. Dagegen dürften die zahlreich nach Davos gereisten Banker
angesichts amerikanischer und europäischer Pläne zur Beschneidung ihrer
Geschäfte mit Sorgen in die Zukunft schauen.
Das Treffen steht unter dem Motto "Den Zustand der Welt verbessern:
überdenken, umgestalten, erneuern". Sarkozy wollte sich nach Angaben aus
seinem Umfeld für straffe Reformen des Finanz- und Bankenwesens einsetzen.
Wenn auch über die Hälfte der Gäste Wirtschaftskapitäne sind, so dürfte
Sarkozy unter den 30 Staats- und Regierungschefs und über 60 Ministern in
Davos besonders aufmerksame Zuhörer finden. Bei ersten Diskussionen im
kleineren Kreisen wurde am Mittwoch bereits deutlich, dass die Finanzwelt
wohl durch die Politik zu Veränderungen gezwungen werden kann.
Obwohl die jüngste Finanzkrise die schlimmste seit den 1930er Jahren war,
dürfte es aber dennoch nicht zu einer international einheitlichen
Regulierung für die Banken und Versicherungen kommen. "Es wird immer
nationale Unterschiede geben", sagte etwa BIZ-Generalmanager Jaime Caruana
am Mittwoch in Davos. Bis jetzt habe das in den Ländern nicht schlecht
funktioniert, wo die Regulierung strikt sei, sagte der Generalmanager der
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).
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Vorsitzender der G20 die Reform vorantreiben. Die Banken wehren sich gegen
die Vorschläge.
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wir alle unsere Lehren ziehen", sagte der EZB-Chef bei einer
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Von den von PwC befragten Firmenchefs blicken 81 % wieder optimistischer in
die Zukunft, nur 16 % gaben an, dass sie pessimistisch bleiben. Das ist ein
deutlicher Unterschied zum vergangenen Jahr. Rund 90 % glauben an ein
Wirtschaftswachstum innerhalb der kommenden 3 Jahre.
Zwar will noch immer ein Viertel der Unternehmensführer Arbeitsplätze
abbauen, doch fast 40 % planen Aufstockungen. Unter den deutschen
Unternehmensführern denken aber nur 27 % der Befragten an die Schaffung
neuer Arbeitsplätze. Etwa 40 % erwarten weiterhin einen Stellenabbau.
Politische Prominenz in Davos macht sich besonders aus den USA rar, wo nur
Wirtschaftsberater Lawrence Summers zugesagt hat. Aus Deutschland werden von
der Regierung Außenminister Guido Westerwelle (FDP), Verteidigungsminister
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sowie Wirtschaftsminister Rainer Brüderle
(FDP) erwartet.