OECD fürchtet Rekord-Arbeitslosigkeit

16.09.2009

Die Arbeitslosigkeit in den OECD-Ländern könnte im zweiten Halbjahr 2010 auf das Allzeithoch von fast 10 Prozent - 57 Mio. Betroffene - steigen, wenn die hauseigenen Prognosen über die Wirtschaftsentwicklung eintreffen, schreibt die OECD in ihrem neuen Beschäftigungsbericht.

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Dann wären Ende 2010 um 25 Mio. Menschen mehr von Arbeitslosigkeit betroffen als 2007. Damals hatte die Arbeitslosigkeit mit 5,6 Prozent den Tiefststand seit 25 Jahren erreicht. Im Juni 2009 war dann schon mit 8,3 Prozent der höchste Stand seit dem Weltkrieg erreicht.

Hätten die Mitgliedsländer nicht mit Konjunkturpaketen eingegriffen, wäre die Situation aber noch schlimmer: 3,2 bis 5,5 Mio. Jobs wurden damit abgesichert, das entspreche 0,8 bis 1,4 Prozent mehr Beschäftigung, schätzt die OECD. In den meisten Staaten hätten aber automatische Stabilisatoren mehr zur Stützung der Konjunktur und Beschäftigung beigetragen als die Fiskalpakete.

Am stärksten betroffen waren Menschen, die schon bisher am Arbeitsmarkt benachteiligt waren: Jugendliche, Immigranten, wenige Qualifizierte und Zeitarbeiter, hält die OECD fest. Nun sei eines der größten Risiken, dass der kurzfristige Anstieg zu einer strukturellen Arbeitslosigkeit wird, wenn viele Beschäftigungslose zu Langzeitarbeitslosen werden oder aus dem Arbeitsmarkt aussteigen.

Fehler: Frühpension und Invaliditätspensionen

Die OECD-Staaten sollten sicherstellen, dass der Arbeitsmarkt lebendig bleibt und "der Versuchung widerstehen, Wege zur Frühpension und zu Invaliditätspensionen zu eröffnen". Das habe sich in der Vergangenheit als Fehler erwiesen, der nur mehr schwer zu korrigieren sei und "sollte nicht wiederholt werden". Auch müsse verhindert werden, dass nach der Krise die hohe Abhängigkeit von Sozialleistungen bestehenbleibt.

Kritisch sieht die OECD Lohnstützungen wie Kurzarbeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen durch die öffentliche Hand, die in der Vergangenheit "gemischte und insgesamt enttäuschende" Resultate gebracht hätten. Lohnstützungen würden zu Substitutionseffekten und Verlagerungen führen und Strukturwandel verhindern. Regierungen, die darauf zurückgriffen, müssten genau beobachtet werden, ob sie bessere Ergebnisse erzielen als früher.

Die OECD empfiehlt nach Studium der früheren Arbeitsmarktmaßnahmen vor allem für Langzeitarbeitslose einen anderen Schwerpunkt: An erster Stelle stehe nicht der schnelle neue Arbeitsplatz, sondern die Weiterbildung, die langfristig den Menschen Arbeit sichere. Nur bei leicht vermittelbaren stehe die rasche Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Vordergrund.

Heimische Arbeitslosigkeit steigt mit Verspätung

In Österreich ist bisher die Arbeitslosigkeit weniger stark gestiegen als in den anderen OECD-Ländern, in den "kommenden 6 bis 18 Monaten" dürfte sich das aber umdrehen. Dann wird die Arbeitslosenrate stärker zulegen als im Schnitt der anderen OECD-Staaten, sagte OECD-Experte Herwig Immervoll anlässlich der Vorstellung des OECD-Beschäftigungsberichtes im Gespräch mit der APA.

Während die Arbeitslosenrate bisher etwa 1 Prozentpunkt über den Niveau vor der Krise liege, würden es dann wohl 3,5 Prozentpunkte sein. Die Konzentration auf den Erhalt von Arbeitsstellen - etwa mit Kurzarbeit - ist der zentrale Grund für den bisher vergleichsweise moderaten Anstieg der heimischen Arbeitslosigkeit. Bei kurzfristigen wirtschaftlichen Problemen sei dies eine sinnvolle Maßnahme, vor allem für KMU.

Wenn die Wirtschaft aber länger lahmt, dann werden so strukturelle Defizite festgeschrieben, warnte Immervoll. Und Österreich habe gemeinsam mit Deutschland "eine der großzügigsten" Kurzarbeitsregelungen in der OECD. Ohne diese Förderung wäre die Arbeitslosigkeit um 50 Prozent stärker angestiegen, schätzt Immervoll.

Aus OECD-Sicht sollte man die Mittel für den Arbeitsmarkt nicht so sehr auf den Erhalt vorhandener Jobs konzentrieren, sondern auch für Neueinsteiger oder Umsteiger verwenden. Auch Früh- und Invaliditätspensionierungen sind arbeitsmarktpolitisch nicht sinnvoll, meinte Immervoll. So würden die Kosten der Arbeitslosigkeit auf künftige Jahre übergewälzt. Langfristig sei die Maßnahme sehr teuer und eine "Einbahnstraße", denn "die Menschen kommen nicht (auf den Arbeitsmarkt) zurück".

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