Russland greift nach den asiatischen Märkten

30.12.2009

Russland lässt den Blick schweifen und will mit einem neuem Öl-Terminal verstärkt den asiatischen Markt bearbeiten.

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Ministerpräsident Vladimir Putin hat den Startschuss für die neue Pipeline und den Terminal an der pazifischen Küste bei Kosmino nahe Wladiwostok gegeben. Russland ist schon lange interessiert daran, die boomenden Länder Asiens mit Öl und Gas zu versorgen. "Das ist ein strategisches Projekt, denn es erlaubt uns den Zugang zu neuen Märkten, zu den wachsenden asiatischen-pazifischen Märkten", meinte daher auch Putin.

Künftig wird eine neue leicht zu verarbeitende Sorte China, Japan sowie Südkorea direkt vor die Haustür geliefert . Putin rühmt das Projekt als wunderbares Neujahrsgeschenk. Für ihn ist es ein wichtiger Baustein auf dem Weg zurück zu Großmacht und weltpolitischem Einfluss, den der Ex-KGB-Funktionär seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vermisst. Die Kosten für den Terminal und die zugehörigen Pipelines, die bis 2014 fertiggestellt werden sollen, werden von russischer Seite mit bisher 14 Mrd. Dollar angegeben.

Russland - gegenwärtig der weltgrößte Öl-Produzent vor Saudi-Arabien - exportiert sein Öl bisher überwiegend nach Westen, insbesondere in die EU. Die Regierung in Moskau versucht seit längerem, Alternativen dazu aufzubauen. Langfristig soll Kosmino die drittgrößte russische Verladestelle werden nach Primorsk an der Ostsee und Noworossijsk am Schwarzen Meer.

Energiehungrige Länder

Mit einem Mausklick löste der Regierungschef wenige Tage vor dem Jahreswechsel höchstpersönlich die erste Lieferung des dieselreichen, mittelschweren und schwefelarmen Öls aus: Die neue Sorte aus Ost-Sibirien füllte im Pazifik-Hafen Kosmino die Laderäume des Tankers "Universität Moskau", der trotz stürmischer See umgehend Kurs auf Hongkong nahm.

Russland stößt damit in eine Marktlücke. Die energiehungrigen Wachstumsmärkte in Asien wollen ohnehin ihre Abhängigkeit von den Quellen im Nahen Osten verringern und eine schwefelarme Sorte macht die Weiterverarbeitung in Raffinerien billiger. Gleichzeitig geht das Signal an den Westen, dass der russische Bär weniger denn je auf die Nachfrage aus Europa angewiesen ist und sich damit auch von frostigen politischen Beziehungen nicht unter Druck setzen lassen will.

ESPO soll Asien erobern

Die neue Sorte trägt den Namen der 12 Mrd. Dollar (8,31 Mrd. Euro) teuren Pipeline, die von Ost-Sibirien an den Pazifischen Ozean führt: East Siberian-Pacific Ocean (ESPO). Nach dem international angewandten Maßstab des American Petroleum Institute (API) hat sie einen Schweregrad von 34 und einen Schwefelgehalt von 0,6 Prozent. Sie ist damit leichter als Öl aus dem Ural und ähnelt stark der bisher führenden Nahost-Sorte aus dem Oman. Gelingt es Russland, diese Qualität zügig stabil zu halten, steht einem Erfolg in Asien kaum noch etwas im Wege.

"Das kann die Einkaufspolitik der Region grundlegend verändern", sagt Al Troner, Präsident der Beratungsgesellschaft Asia Pacific Energy. "Wie soll mit diesem Angebot venezolanisches Öl konkurrieren, das um die halbe Erde geschifft werden muss?" Die neue Sorte dürfte nach seiner Einschätzung die Produzenten am Golf und ihre großen Vertriebspartner wie Shell, Total oder Sinopec gehörig unter Druck setzen. "Um wettbewerbsfähig zu bleiben und keine Marktanteile zu verlieren, müssten sie ihre Preise senken."

Da Russland nicht zur Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) gehört, kann es frei über Fördermengen und Preise entscheiden. Qualität, kurze Transportwege und das große Interesse Asiens nach alternativen Lieferanten sind von entscheidender Bedeutung. "ESPO kann die Regeln des internationalen Spiels verändern", sagt Troner.

Volle Kapazität ab 2014

Bis Pipeline und Hafen ihre volle Kapazität erreichen, werden noch einige Jahre ins Land ziehen. Bis 2014 soll auch das letzte Stück Bahntransport durch Röhren ersetzt sein. Ab 2012 soll die Hälfte der zunächst 30 Mio. Tonnen pro Jahr oder 600.000 Fass pro Tag von Skoworodino aus über einen Nebenzweig direkt an die chinesische Grenze fließen. Am Ende will Russland fast die dreifache Menge über die Pipeline abwickeln: 80 Mio. Tonnen pro Jahr.

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