Sarkozy hat mit Merkel große Pläne
05.01.2010
Nicolas Sarkozy plant ein deutsch-französisches Jahr 2010 mit starken Symbolen für das Geschichtsbuch. Doch Angela Merkel bremst den Elan und setzt stattdessen auf viele kleine Fortschritte.
In diesen Tagen stimmt sich die pragmatische Kanzlerin mit dem ungeduldigen Präsidenten über gemeinsame Projekte ab. Es geht um Umwelt und Energie, Satelliten und Werften, das Elektroauto, Kultur und Europa. Der neue Kurs soll beim nächsten deutsch-französischen Ministerrat voraussichtlich am 4. Februar in Paris verkündet werden.
Länderübergreifende Minister angedacht
Ginge es nach Sarkozy, würde bald ein deutsch-französischer Minister
abwechselnd in Paris und Berlin am Kabinettstisch sitzen. Ex-Kulturminister
Jack Lang lief sich schon warm und paukte Deutsch. Außerdem wollte der
französische Staatschef sich und Merkel mit einem deutsch-französischen
Freundschaftsvertrag in die Geschichtsbücher schreiben, der den
"Elyseevertrag" vom 22. Jänner 1963 ablösen sollte.
Sarkozy
wolle "eine politische Lektüre der Geschichte", sagt sein Sonderberater
Henri Guaino. Und nicht zuletzt: Sarkozy will "eins, zwei, viele EADS"
schaffen und nach dem Vorbild von Airbus "strategische Unternehmen" wie die
Marinewerften und Panzerbauer über den Rhein hinweg zusammenschweißen.
Doch so flott geht das nicht. Nach ersten Konsultationen mit Berlin hat
Sarkozy seine Ambitionen zurückgeschraubt. Von einem gemeinsamen Minister
ist jetzt nicht mehr die Rede. Man wolle keinen Medienscoop, der nach einem
Tag verpufft sei, heißt es aus deutschen Kreisen.
Ein Minister
habe in Berlin eine viel stärkere Position als in Paris, wo der Präsident
nach Gutdünken agiere. Zudem gibt es schon Generalsekretäre für die
deutsch-französischen Beziehungen: die "Europa-Minister" Pierre Lellouche
und Werner Hoyer. Ihre Position könnte gestärkt werden, heißt es in
informierten Kreisen. So könnte Hoyer künftig in Paris an
Regierungssitzungen teilnehmen und Lellouche in Berlin - aber nur auf
Einladung und nicht regelmäßig.
Gemeinsame Industriepolitik macht voerst nur kleine Schritte
Nur ruckelnd kommt die gemeinsame Industriepolitik voran. Eine Arbeitsgruppe tagt vertraulich zu Projekten im Rüstungsbereich. Schnelle Fortschritte im Januar erhofft Berlin beim Satellitenbau. Das sei ein besonderes Anliegen der Kanzlerin, heißt es. Dagegen treten die Deutschen auf die Bremse, wenn Paris eine Fusion der Marinewerften ("Marine-EADS") auf den Tisch bringt. Die Franzosen wollten doch nur an die superleisen U-Boot-Antriebe des Werftenverbundes ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) herankommen, heißt es skeptisch.
Auch beim gemeinsamen Panzerbau ("Heeres-EADS") hält sich die Begeisterung der Deutschen in Grenzen. Frankreichs Spezialist für leichte Radpanzer, Panhard, will die schweren Leclerc-Panzer von Nexter übernehmen, um derart gestärkt ein Bündnis mit Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann zu suchen. Die Themen lägen zwar auf dem Tisch, doch eine Lösung sei nicht in Sicht, meint man in Paris. Auch bei der drängenden Frage, wie viel die Staaten zum Airbus-Militärtransporter A400M beisteuern sollen, gehen die Meinungen noch auseinander.
Kooperationen bei E-Autos und Schnellzügen erwünscht
Fortschritte gibt es im Fahrzeugbau. Sarkozy dringt auf eine Kooperation
beim Elektroauto. Angesichts der hohen Kosten eine prima Idee, meinen auch
die Deutschen. Jetzt wird überlegt, Standards und Infrastrukturen für einen
gemeinsamen Markt für E-Autos zu schaffen.
Gemeinsame Standards
werden auch für die Superschnellzüge ICE und TGV angestrebt, mit denen sich
Siemens und Alstom sowie die Bahn AG und die französische Staatsbahn SNCF
einen beinharten Wettbewerb liefern. Die Verkehrsminister sollen sich mit
diesem Thema ("EADS auf der Schiene") befassen, heißt es in informierten
Kreisen. Die Unternehmen seien zögerlicher.
Um etwas Glanz in die gemeinsamen Projekte zu bringen, werden Lellouche und Hoyer wohl auch die Themen Europa, Kultur und Klima in das Programm schreiben. Als starkes Symbol steht auch die deutsch-französische Brigade bereit: Sie könnte auf Polen ausgedehnt werden, weil den Deutschen viel am Verhältnis zu Warschau liegt und Paris in Polen einen Partner sucht. Aber das können Sarkozy und Merkel nicht alleine entscheiden.