Sozialdemokraten fordern Neuwahl in Rumänien
09.12.2009
Die unterlegenen rumänischen Sozialdemokraten haben eine Wiederholung der Präsidentenwahl gefordert. "Ich habe diese Abstimmung gewonnen", sagte deren Kandidat Mircea Geoana, nachdem seine Partei wegen massiver Wahlfälschungsvorwürfe eine Beschwerde beim Verfassungsgericht einreichte. Geoana warf dem Staatspräsidenten vor, in Rumänien eine "Republik nach weißrussischem Modell" einführen zu wollen.
"Am 10.12. wird das Verfassungsgericht darüber entscheiden, ob wir fünf Jahre eines Basescu-Regimes von Betrug, Lügen und Manipulation haben werden, oder ob die Rumänen eine Chance zur Wiederholung der Wahl erhalten", sagte Geoana. Amtsinhaber Traian Basescu hatte die Stichwahl um das Präsidentenamt am Wochenende mit 50,33 % der Stimmen gewonnen. Auf Geoana entfielen 49,7 %. Basescu erhielt demnach 70.000 der elf Millionen abgegebenen Stimmen mehr als sein Herausforderer.
Geoana hatte am 7.12. erklärt, seine Partei könne belegen, dass Stimmen bei dem Urnengang am 6.12. mehrfach abgegeben und gekauft worden seien. Der Sozialdemokrat sprach von einer "teuflischen Maschinerie" zur Wahlfälschung. Mehr als 136.000 Stimmen seien falsch, präzisierte PSD-Vizechef Dan Nica am Dienstag.
PSD-Generalsekretär Liviu Dragnea sagte, seine Partei könne "genügend Beweise" für Stimmenkauf, Fälschung von Auszählungsergebnissen in bestimmten Wahllokalen, Mehrfach-Stimmabgabe und Wahltourismus vorlegen. "Die Dimension des Betrugs ist kolossal", sagte Dragnea.
Unregelmäßigkeiten bei Europawahl
Die PSD verweist auch auf Unregelmäßigkeiten bei der Europawahl im Juni. Ein am 8.12. veröffentlichter Bericht des Ständigen Wahlbüros in Bukarest ergab, dass 13.826 Stimmen doppelt abgegeben worden seien.
OSZE-Wahlbeobachter erklärten, die Wahl habe die Kriterien der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erfüllt. Die rumänischen Behörden sollten aber allen Berichten über Unregelmäßigkeiten nachgehen. Der Polizei lagen 194 solche Fälle vor. Experten zufolge ist die Wiederholung der Wahl unwahrscheinlich.
Das Verfassungsgericht kann das Ergebnis komplett oder in Teilen für ungültig erklären und eine Wiederholung der Abstimmung fordern, sollten die Richter genügend Beweise für Manipulationen finden. Nach Angaben des Verfassungsrichters Ion Predescu wird die Entscheidungsfindung ein bis drei Tage dauern.
Basescu wertete die Wahlanfechtung durch die PSD als "äußerst peinlich". Er konterte mit der Behauptung, dass Geoana veranlasst hätte, dass auf die Meinungsforschungsinstitute, die diesem gleich nach Wahlschluss einen Vorsprung von bis zu 3 % zuschrieben, für eine höhere Bezifferung seiner Chancen Druck ausgeübt wurde. "Nun blamieren wir alle die Institute, aber es ist offensichtlich, dass es in allen Parteien Leute gibt, die mit den Meinungsforschungsinstituten kommunizieren", fügte Basescu hinzu.
Präsident mahnt zu Versöhnung
Zu "Besonnenheit", "Versöhnung" der politischen Lager und "Konzentration auf die Prioritäten der Bevölkerung" hat Basescu am 9.12. gemahnt. Die PSD beruft sich auf "Lkw voll Beweismaterial" für eine groß angelegte "massive Wahlbetrugsoperation". Über 130.000 Stimmzettel sollen gefälscht worden sein. Dabei entspricht Basescus Vorsprung von nur 0,7 Prozentpunkten vor Geoana etwa 70.000 Stimmen. Geoana besteht weiterhin darauf, dass er die Wahl gewonnen und Basescu sein Mandat "gestohlen" habe.
"Die Anfechtung der Wahl ist ein demokratisches, verfassungskonformes Unterfangen, aber auch die Methoden der Anfechtung sollten demokratisch sein. Auf Lügen sollte man verzichten", erwiderte Basescu, der betonte, dass dieser Aufruf aus seiner Position als amtierender Staatspräsident und nicht als Kandidat erfolge.
Zu den dringend notwendigen Prioritäten Rumäniens gehört eine Regierungsbildung, die seit Anfang Oktober aussteht. Infolge der lang hingezogenen Regierungskrise amtiert derzeit eine Übergangsregierung aus Ministern der Basescu nahestehenden Liberaldemokratischen Partei (PDL), die jedoch Mitte Oktober durch ein Misstrauensvotum abgesetzt worden war und daher äußerst eingeschränkte Befugnisse hat. Aufgrund der Turbulenzen wurde auch ein dringend notwendiges Darlehen internationaler Finanzinstitutionen bis zur Beruhigung der politischen Lage suspendiert.
Am 9.12. erfolgte eine offizielle Einladung der PDL an die oppositionelle Nationalliberale Partei (PNL), Verhandlungen zur Bildung einer Mitte-Rechts-Regierung aufzunehmen. Die PNL ist jedoch eine Alliierte der PSD und unterstützt Geoanas Kandidatur ebenso wie die Anfechtung der Wahl.